Teure Energie bringt Industrie in Turbulenzen

13. Oktober 2025

Heimische Betriebe müssen mit dem großen Kostendruck fertig werden. Es ist ein steiniger Weg mit viel Selbsthilfe und etwas Hilfe durch den Staat.

Wals-Siezenheim, Werfen. Der Großinvestition von 200 Millionen Euro beim Kaindl-Werk in Wals-Siezenheim dürfte nicht mehr viel im Weg stehen. „Wir hoffen, dass demnächst der Genehmigungsbescheid für unser Kraftwerk einlangen wird“, sagte Geschäftsführer Konrad Grünwald am Donnerstagnachmittag bei einer Führung durch die Fußbödenproduktion. Mit der Kraft-Wärme-Kopplungsanlage will sich der Betrieb künftig gänzlich selbst mit Energie versorgen.

„Die Energiekosten sind heute drei Mal so hoch wie vor dem Krieg in der Ukraine. Mit dieser Investition und unserer voll automatisierten 24-Stunden-Produktion von der Rohplatte bis zum fertig verpackten Fußboden setzen wir alle Hebel in Bewegung, damit wir international wettbewerbsfähig bleiben.“ Kaindl habe einen Exportanteil von 94 Prozent, betonte Grünwald bei dem Betriebsbesuch von Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer und Landeshauptfrau Karoline Edtstadler (beide ÖVP).
Noch wird Kaindl zur Gänze von der Salzburg AG mit Strom versorgt. Das gilt auch für andere große Unternehmen, wobei der Landesenergieversorger sehr individuelle und branchenspezifische Produkte anbietet, wie Salzburg-AG-Sprecher Michael Frostel erklärt. „Großkunden haben durch uns direkten Zugang zu Börsenpreisen.“ Der Preis werde für die Jahresmenge des Kunden individuell entsprechend der aktuellen Marktsituation und den Zeiten des Verbrauchs kalkuliert. Die Verträge werden in der Regel für ein Jahr bis drei Jahre im Voraus abgeschlossen.

Sehr große Industriebetriebe in Österreich haben teilweise auch eigene Abteilungen für Stromhandel und verfolgen den Markt direkt an den Börsen. Zu den besonders energieintensiven Firmen und Salzburg-AG-Kunden zählt das Eisenwerk Sulzau-Werfen (ESW). „Wir haben zum Teil schon Mengen für die nächsten drei Jahre eingekauft“, sagt Geschäftsführer Georg Hemetsberger. Für 2026 habe man sich bereits zu etwa 50 Prozent eingedeckt. Dazu kommen dann aktuelle Geschäfte am Spotmarkt, die aber starken Preisschwankungen unterliegen. Ein bestimmter Anteil mit stabilem Niveau sei notwendig, um im Voraus die eigenen Produktpreise halbwegs kalkulieren zu können.

Das Eisenwerk braucht im Jahr rund 50 Gigawattstunden, wovon einige wenige Prozent ein Wasserkraftwerk vor Ort liefert. Bei zugekauftem Strom liege der Energiepreis bei ungefähr zehn Cent/kWh. Einschließlich Abgaben und Netzgebühren seien es aber annähernd doppelt so viel. Die Stromkosten machen in Sulzau schon zehn Prozent der Gesamtkosten aus, in manchen Unternehmen sogar deutlich mehr. Geprüft wird laut Hemetsberger, ob Strom künftig direkt vom neuen Salzachkraftwerk Stegenwald per langfristiger Vereinbarung bezogen werden kann. Für solche Direktbezüge wäre der Beschluss des neuen Elektrizitätswirtschaftsgesetzes im Nationalrat (ElWG) umso wichtiger. Der Erdgaseinsatz im ESW konnte stark reduziert werden: auf zehn Gigawattstunden (nur mehr für Heizung und Trocknung).

Unterstützung sollen Industriebetriebe abermals aus dem Stromkostenausgleichsgesetz bekommen – in Form von Zuschüssen zur Abfederung der CO2 -Kosten. Allerdings vorerst nur bis 2026, und jede Firma sollte genau prüfen, ob sie überhaupt anspruchsberechtigt ist. Je 75 Millionen Euro stehen österreichweit für 2025 und 2026 zur Verfügung. In Deutschland gebe es eine solche Regelung bis 2030, ist Salzburgs Industriellenpräsident Peter Unterkofler nicht ganz zufrieden. Außerdem sei der Kreis der Betriebe, denen der Zuschuss helfe, überschaubar.

Zur allgemeinen Situation sagt Unterkofler: „Der Industrie geht es nicht gut. Es ist ein Dahinschleppen aus der Rezession heraus.“ Beim Strompreis seien die Spitzen der Coronazeit zwar überwunden, das Niveau aber noch deutlich über dem von 2018/19. „Und bei Gas ist es ein Vielfaches.“ Es sei keine Ruhe in die Märkte zurückgekehrt. Aufgrund der Energiepreise und z. B. der von Deutschland getrennten Stromzone sei international der Wettbewerb verzerrt. Noch mehr zu schaffen machen der Industrie laut Industriellenvereinigung die Lohnkosten und die Bürokratie.
In puncto Energie verwies der Wirtschaftsminister auf den Bonus für energieintensive Betriebe und auf das ElWG. „Dieses Gesetz schafft Rechtssicherheit für Direktleitungen und Energiegemeinschaften von Unternehmen.“ Es ermögliche die Entkoppelung von Stromnetzkosten. Außerdem müsse die in der EU geplante Abschaffung der CO2 – Gratiszertifikate unbedingt überdacht werden. Diese Belastung wäre „zu viel für unsere Industrie und Arbeitsplatzvernichtung“.

Thomas Auinger

Salzburger Nachrichten