
Mehr erneuerbare Stromproduktion im eigenen Land, weniger fossile Importe und koordinierte Ausbauplanung sollen Österreichs Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz gegen geopolitische Einflüsse verbessern.
Einmal im Jahr versammeln sich die Lenker heimischer Stromversorger, Netzbetreiber, Regulatoren und der Energiepolitik traditionellerweise bei einem großen Treffen, das abwechselnd vom Interessenverband Oesterreichs Energie und vom Verbund organisiert wird. 2025 war es der „Verbund Inspire Energy Summit“, bei dem versucht wurde, einen Blick von oben auf die heimische Energieversorgung zu werfen und einen gemeinsamen Weg in die Zukunft zu finden. Die schwierige Wirtschaftslage und globale Krisen gaben heuer genügend Anlass dazu, eine Art Masterplan zu skizzieren, durch den Energiepreise sinken und der Wirtschaftsstandort profitieren sollen.
Mehr Angebot schaffen
Bei der Frage, wer an der schwierigen wirtschaftlichen Lage des Landes schuld sei, laute die Antwort oft: „Natürlich die hohen Energiepreise“, meint Verbund-CEO Michael Strugl. Diese seien zwar nicht der einzige Faktor, sie seien im europäischen Vergleich auch nicht besonders hoch, aber sie sollten auf jeden Fall gesenkt werden.
Das beste Rezept dafür sei ein stärkerer Ausbau der erneuerbaren Energien. Mehr Angebot senke die Preise. Wasser-, Wind- und Solarkraft seien die günstigsten Energieerzeugungsformen und Europa hätte dabei großes Potenzial – im Gegensatz zu fossilen Energien. Mit eigenständiger Energieversorgung verringere man Abhängigkeiten und erhöhe die Resilienz gegenüber geopolitischen Einflüssen. Außerdem: „Die Erderwärmung schreitet immer schneller voran. Klimaschäden kosten Milliarden Euro, Anpassungen an den Klimawandel ebenso. Und wir haben eine Verantwortung für die nächsten Generationen“, so Strugl. „Österreich ist von seinem Klimazielpfad bis 2040 aktuell um 25 Prozent entfernt“, sagt Gabriel Felbermayr, Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts. Für Importe fossiler Energien hat Österreich im Vorjahr 10 Milliarden Euro ausgegeben. Wenn man Importe ersetze, könne man die Wertschöpfung im Land halten.
Technologien im Bereich erneuerbare Energien seien zudem eine enorme Marktchance für heimische Unternehmen. Wasserkraft etwa „kann niemand so gut wie wir. Unsere Spezialisten sind weltweit gefragt“. Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer sieht den Ausbau der Erzeugung ebenfalls positiv. Gleichzeitiger Netzausbau sei wichtig, um die Versorgungssicherheit weiterhin auf hohem Niveau zu halten. Dazu seien auch der Ausbau von Speichern und Steuermechanismen wie Spitzenkappung (Begrenzung der Einspeiseleistung) notwendig – womit vor allem die Windkraftbranche weniger einverstanden ist.
„Hauruck“ kostet mehr
Ein weiterer starker Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung findet im besten Fall koordiniert statt und richtet sich nach dem Verbrauch. Die Koordination sei wichtig, um unnötige Kosten zu vermeiden. Ein geordneter Übergang sei immer besser als „Hauruck-Aktionen“, schildert Anton Burger vom Forschungsinstitut Compass Lexecon. In Österreich gebe es noch Verbesserungspotenzial. Die Akzeptanz in der Bevölkerung sei für alle genannten Maßnahmen eine wichtige Grundvoraussetzung. Laut Umweltökonomin Sigrid Stagl von der WU Wien ist die allgemeine Akzeptanz von erneuerbaren Energien in Österreich bereits sehr hoch. Wenn es konkret wird, etwa um Projekte in Wohnortnähe, sieht es aber teilweise anders aus. Wie sich bei zahlreichen Projekten gezeigt habe, ist persönliche Kommunikation der Schlüssel, um größeres Verständnis zu erzeugen. Wichtig sei auch, die Vorteile aufzuzeigen, die die Transformation des Energiesystems für den Einzelnen bringt. Strugl: „Da haben alle eine Aufgabe: Unternehmen, Behörden und Politik.“
Kurier