Strompreis: Die Politik und ihre Scheinheiligkeit

16. Oktober 2025, Wien

Energiekosten: Die Parteien wollen die Energiepreise senken. Fragt sich nur: Warum tun sie das nicht schon längst?

Die hohen Energiepreise gehören neben der Bürokratie und den Lohnkosten zu den größten Herausforderungen der heimischen Industrie, bestätigt eine aktuelle Umfrage. Und die privaten Haushalte mussten sich wohl oder übel an höhere Strompreise gewöhnen. Die Energiekosten zählen zu den Inflationstreibern.

Die politischen Parteien im Bund und in den Ländern haben für die Klagen von Privaten und Firmen volles Verständnis und reihen sich bei jenen ein, die niedrigere Strompreise wollen. So fordert zum Beispiel Grünen-Chefin Leonore Gewessler die Umsetzung eines „Drei-Punkte-Plans für günstige Energie“, den sie am Sonntag vorgelegt hat. Sie kritisiert, dass mit Dividenden der Landesversorger die Landesbudgets aufgefettet worden seien. Ein Netzausbaufonds soll die Kosten für den Netzausbau gerecht verteilen, und in Österreich soll mehr Strom erzeugt werden. Das fordert jene Politikerin, die vor einem Jahr noch Energieministerin war und all das verabsäumt hat.

Der jetzige Energieminister Wolfgang Hattmannsdorfer (VP) wirbt mit einer „Strompreis-runter-Garantie“ für den Beschluss der anstehenden Elektrizitätsgesetze. Die Industrie bekommt zumindest ein paar Millionen als Strompreiskompensation. Mehr gibt der Finanzminister nicht frei. Es ist hilfreich zu hinterfragen, wem die größten Stromproduzenten in Österreich gehören und wie sich der Strompreis zusammensetzt. Denn daraus folgt die Frage, warum die Politik nicht schon längst Nägel mit Köpfen gemacht und den Strompreis für Private wie Unternehmen gesenkt hat.

Die Stromfirmen verdienen mit ihren zum Teil schon abgeschriebenen Kraftwerken viel Geld, weil sie im aktuellen Merit-Order-System profitieren, bei dem das letzte, weil teuerste zugeschaltete Kraftwerk den Strompreis festsetzt. In Österreich sind das die Gaskraftwerke. Warum gibt es keine Versuche auf Bundes- oder Europaebene, das zu ändern und etwa ein Auktionsverfahren einzuführen oder zumindest in diese Richtung zu gehen?

Die großen Stromerzeuger gehören alle mehrheitlich dem Bund, den Ländern oder den Gemeinden. Tatsächlich sind diese Firmen willkommene Dividendenlieferanten. Die Budgets sähen ohne die Gewinne schlechter aus, von der Stadt Linz gar nicht zu reden. Die Gesellschaften scheuen auch den Wettbewerb: Es gibt unausgesprochene Nichtangriffspakte, das verringert den Wettbewerb. Die Politiker, die hier dagegen aufschreien, sucht man vergeblich. Auch weil sie, wie etwa in Oberösterreich Energielandesrat Markus Achleitner oder der Linzer Bürgermeister Dietmar Prammer, dem Aufsichtsrat vorsitzen und aktienrechtlich vielleicht gar nicht für niedrigere Preise sein dürften.

Eine Reihe von Abgaben
Die Politik kassiert aber nicht nur Dividenden der Stromfirmen, sondern auch bei den Steuern und Abgaben. Diese machen mittlerweile fast ein Drittel des gesamten Strompreises aus. Es wäre einfach für die Politik, Gebrauchsabgabe, Elektrizitätsabgabe, Erneuerbaren-Förderkosten oder Umsatzsteuer zu hinterfragen, zu senken oder abzuschaffen. Tut sie aber nicht. Der Finanzminister braucht das Geld.
Es gibt auch Argumente, warum die Stromfirmen die Preise nicht senken sollten – etwa, weil sie die Gewinne in Speichertechnologie und den Ausbau der Netze und der Stromerzeugung investieren sollten. Aber, so ein Pech, das Geld ist längst ins löchrige Staatssäckel diffundiert.

Die Energiepolitik ist tatsächlich in einer Zwickmühle. Man kann ruhig zugeben, dass die Lage komplexer ist, als manche glauben möchten. Eine scheinheilige Preis-runter-Diskussion braucht aber keiner.

Oberösterreichische Nachrichten