Weniger russisches Gas in der EU, doch LNG-Importe bleiben hoch – EU-Staaten wollen Gaskäufe aus Moskau ganz verbieten.
Schon kurz nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine setzte die EU im Jahr 2022 erste Maßnahmen im Energiesektor. Importe von russischem Öl und von russischer Kohle wurden untersagt. Beim Erdgas gab es unter den Mitgliedstaaten zwar keine Einigung für ein Importverbot, dennoch reduzierten die EU-Länder ihre Käufe drastisch.
Ganz vorbei war es mit russischen Gasimporten damit aber nicht – bis heute nicht. Denn neben Ungarn und der Slowakei, die nach wie vor per Pipeline von Russland versorgt werden, kaufen auch andere EU-Staaten noch immer aus Moskau. Russland hat seine Exporte von Liquified Natural Gas (LNG) erhöht – und rund die Hälfte davon fließt in die EU, vor allem nach Frankreich, Belgien und die Niederlande, wie aktuelle Daten zeigen. „Die EU ist nach wie vor der größte Abnehmer von russischem Flüssigerdgas (LNG) und hat die Hälfte der gesamten LNG-Exporte Russlands gekauft, gefolgt von China (22 Prozent) und Japan (18 Prozent)“, heißt es in einer Analyse des Thinktanks Centre for Research on Energy and Clean Air (Crea) mit Sitz in Helsinki. Das bestätigen auch Zahlen des US-Energieministeriums und des Europäischen Rates.
16 Milliarden Euro
Der Anteil russischen Pipeline-Gases an den Importen in die EU fiel laut den EU-Daten zwar von 40 Prozent im Jahr 2021 auf rund elf Prozent im Jahr 2024. Insgesamt betrug der Anteil russischen Gases wegen der LNG-Importe dennoch fast 20 Prozent. In absoluten Zahlen sind das rund 50 Milliarden Kubikmeter; der Preis dafür wird von der EU-Statistikbehörde auf rund 16 Milliarden Euro geschätzt.
In den kommenden Jahren wird sich das Verhältnis ändern: Die EU-Staaten haben sich mittlerweile darauf geeinigt, Gasimporte aus Russland gänzlich zu verbieten – sowohl Pipeline-Gas als auch LNG, das meist per Schiff transportiert wird. Stimmt das EU-Parlament dem Vorhaben zu, könnte das Verbot Anfang 2026 in Kraft treten. Für langfristige Verträge soll es aber Ausnahmen geben, sodass das gänzliche Verbot erst ab Anfang 2028 schlagend wird.
Die Übergangsfrist ist vor allem eine Hilfestellung für die Slowakei und Ungarn, die nach wie vor stark von russischen Importen abhängig sind. Zwei Jahre nach dem Inkrafttreten soll der Importstopp zudem „auf seine Wirksamkeit überprüft“ werden. Eine entsprechende „Review-Klausel“ haben österreichische Vertreter in die EU-Verordnung hineinverhandelt.
Mehr Gas aus den USA
Der wichtigste Lieferant ist mittlerweile Norwegen, mit einem Anteil von 33,4 Prozent an den Gesamtimporten der EU. Russland rangiert mit den erwähnten 20 Prozent auf Rang zwei, noch vor den USA, die 16,5 Prozent liefern. Mit dem Importstopp werden die amerikanischen Einfuhren an Bedeutung gewinnen. Die EU will künftig noch mehr LNG aus den USA kaufen – und hat sich in einem Handelsdeal mit der Trump-Regierung auch dazu verpflichtet.
Welche Folgen der Ausstieg aus russischem Gas für die Gaspreise in Europa haben wird, ist laut Fachleuten derzeit schwer abzuschätzen. Die erhöhte Nachfrage nach Gas, das nicht aus Russland kommt, könnte die Preise nach oben schrauben, gleichzeitig sind derzeit viele LNG-Projekte im Bau, die das Angebot steigern und so preisdämpfend wirken könnten.
Auch für Österreich könnte sich der Importstopp finanziell positiv auswirken, erklärte Energieexperte Christoph Dolna-Gruber jüngst im STANDARD: Wenn die Slowakei und Ungarn kein Pipeline-Gas mehr aus Russland beziehen, würde die West-Ost-Verbindung durch Österreich an Bedeutung gewinnen. Die Republik könnte insofern von höheren Transit-Gebühren und von niedrigeren Netzkosten profitieren
Der Standard


