
Die Diskussion um das Bauprojekt der Wertinvest am Heumarkt in Wien geht in die nächste Runde. Im Gegensatz zur Meinung der Stadt und des Investors Michael Tojner braucht das Vorhaben offenbar doch eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Das geht aus einem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) hervor, das der APA vorliegt und über das der „Kurier“ zuerst berichtete.
Während das Vorhaben Wiens historisches Zentrum auf die „Rote Liste“ gefährdeter Welterbestätten brachte und die UNESCO eine Redimensionierung fordert, sieht ein zuletzt vorgelegtes Gutachten von Stadtplanerin Christa Reicher (Professorin an der Universität Aachen) im Auftrag der Stadt dafür keine Notwendigkeit. Konkret geht es dabei um das Projekt „Heumarkt neu 2021“ mit einer 56,5 Meter hohen „Wohnscheibe“ und einem 47,85 Meter hohen Hotel. Die Stadt Wien hatte das Projekt schon durchgewunken und keine UVP-Pflicht gesehen. Anrainer und Umweltschutzorganisationen machten dagegen mobil und riefen zuletzt das BVwG als Berufungsinstanz an.
„Visuelle Auswirkungen“
Der BVwG nun in dem Erkenntnis: „Bei einer Realisierung des verfahrensgegenständlichen Vorhabens ist – vor allem durch visuelle Auswirkungen auf die Stadträume Belvederegarten und Stadtpark – mit großen negativen Beeinträchtigungen des außergewöhnlichen universellen Wertes der UNESCO-Welterbestätte ‚Historisches Zentrum Wien‘ bzw. wesentlicher Attribute, die den außergewöhnlichen universellen Wert vermitteln, zu rechnen“.
Deswegen ergebe sich zwingend eine UVP-Pflicht im vereinfachten Verfahren nach dem UVP-G 2000. Bei der Umweltprüfung müssten dann insbesondere die Auswirkungen auf das Stadtbild genau untersucht werden. Für die Baugenehmigung benötigt es ein positives Ergebnis. Die Wertinvest kann beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) oder außerordentlich beim Verwaltungsgerichtshof gegen das Erkenntnis berufen.
Reaktionen
Für den Wiener ÖVP Landesparteiobmann Markus Figl ist „damit endgültig klar: Dieses Projekt ist nicht welterbetauglich“, betonte er in einer Aussendung. „Sollte es nun zu einem UVP-Verfahren kommen, kann sich die Wiener Bevölkerung durch Bildung von Bürgerinitiativen an diesem Verfahren beteiligen“, so Christian Schuhböck, Generalsekretär von „Alliance For Nature“. Rechtsanwalt Piotr Pyka, der die Umweltorganisation im Verfahren vertritt, ortet aber auch „Mängel“ im Erkenntnis: Warum die UVP im vereinfachten und nicht im ordentlichen Verfahren durchgeführt werden soll, sei „nicht nachvollziehbar.“ Die vereinfachte Verfahrensart bedeutet eine flexiblere Gestaltung des Ablaufs. Es gelten jedoch dieselben ökologischen Standards.
Eine Entscheidung über eine Revision ist noch nicht gefallen, reagierte laut „Kurier“ Tojner-Anwalt Karl Liebenwein. Er zeigte sich „überrascht“, da das BVwG-Erkenntnis die Reicher-Expertise konterkariere.
APA





