Lohnt sich das noch?

24. November 2025

Mit der Reform des heimischen Strommarkts kommen wohl auch auf die Solarindustrie Einspeisegebühren zu. Wie sich eine PV-Anlage für Unternehmen trotzdem noch rechnen kann.

Die Bundesregierung bringt ihre Reform des Strommarkts mit einem klingenden Namen auf den Weg: Günstiger-Strom-Gesetz. Eine Stoßrichtung dabei ist, dass Stromerzeuger mehr für den Ausbau des Stromnetzes bezahlen sollen und Haushalte entlastet werden. Die geplanten Kosten fürs Einspeisen lassen aber insbesondere die Branchenvertreter der erneuerbaren Energien, etwa der Wind- und Solarindustrie, auf die Barrikaden steigen. Für kleine private Stromerzeuger, die etwa mit ihrer Photovoltaikanlage nicht mehr als sieben Kilowatt Peak (kWp) einspeisen, gibt es zwar Ausnahmen. Dennoch tobte etwa Herbert Paierl, Chef des Branchenverbands PV Austria: So werde Österreich „den Wachstumskeller nicht verlassen“. Die massive Verärgerung in der PV-Branche ist auch vor dem Hintergrund früherer Verschärfungen zu sehen: Schon im Frühjahr strich die schwarz-rot-pinke Regierung die Mehrwertsteuer-Befreiung für kleine PV-Anlagen. Lohnt es sich also jetzt noch, in eine PV-Anlage zu investieren?

Selbst verbrauchen
Spricht man mit Unternehmern und PV-Branchenvertretern, ist die Antwort für viele Betriebe trotzdem noch Ja. „Wichtig ist, dass ein Unternehmen den Strom überwiegend selbst verbrauchen kann. Wenn ein Betrieb fast alles ins Netz einspeist, kann das zum Minusgeschäft werden“, sagt Rupert Haslinger von der Salzburger Agentur für Erneuerbare Energie (AEE), einer Genossenschaft, die PV-Anlagen mit Bürgerbeteiligung errichtet. Es sei für Betriebe auch hilfreich, „einen Stromüberschuss möglichst auf dem Gelände zu nutzen“.
Was trotz drohender Einspeisegebühren für eine eigene PV-Anlage sprechen kann: Ein Teil des Strompreises sind die Netzentgelte, und die bezahlt jeder in Österreich, Privatpersonen wie Unternehmen. Außer man produziert den Strom selbst.

Weil in der PV-Branche zudem die Sorge um Förderungen wächst, gewinnen neue Finanzierungsmodelle an Fahrt, zum Beispiel Pay-per-use („Zahlung pro Nutzung“). Ein Unternehmen lässt von einem Lieferanten eine PV-Anlage errichten und kann sie ohne Startkosten in Betrieb nehmen – ein Finanzdienstleister übernimmt die Vorfinanzierung. Das Unternehmen mit dieser PV-Anlage zahlt bei Pay-per-use also statt der Stromrechnung, die sonst vom Energieversorger kommt, die Finanzierungskosten für die PV-Anlage.

Solarstrom ohne Startkosten
Der Waldviertler Bäcker Johannes Pilz hat sich für seinen Betrieb zu einer großen PV-Anlage mithilfe einer Pay-per-use-Finanzierung entschieden. Drinnen, im Backwerk Pilz in Schrems, formen 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Brote und Weckerln. Draußen, auf dem Dach und auf einer benachbarten Wiese, liefern Sonnenkollektoren mit knapp 7000 Quadratmetern Fläche Strom für die Produktion. „An Tagen mit schönem Wetter können wir vollkommen autark unser Gebäck herstellen“, erzählt Pilz dem STANDARD. Im Jahresschnitt kommen 70 Prozent des Stroms aus dem Netz, beim Backwerk Pilz ausschließlich Öko-Strom, 30 Prozent produziert man selbst.

Pilz zeigt sich mit der Pay-per-use-Finanzierung zufrieden. Für diese entschied sich der Unternehmer schon lange vor dem „Günstiger-Strom-Gesetz“, aber unter dem Eindruck der seit 2022 bedrohlich hohen Energiepreise. „Die Kosten des Stroms inklusive der Netzgebühr und sämtlicher Abgaben sind etwa gleich hoch wie die Leasingrate, die wir für die PV-Anlage bezahlen“, sagt er.

Flexible Leasingrate
Eine Bank, die Pay-per-use-Finanzierungen in Österreich anbietet, ist die Erste Group über ihre Tochter S-Leasing. Die Laufzeit des Leasingvertrags ist variabel, eben je nach Stromverbrauch. Finanziert werden PV-Anlagen ab 50.000 Euro Investitionsvolumen. Startkapital für den Sonnenstrom braucht das Unternehmen nicht, eine freie Fläche auf dem Dach oder nebenan natürlich schon. Am Ende der Laufzeit kann der Kunde die PV-Anlage für einen minimalen Betrag kaufen. Die Daten der PV-Anlage lässt S-Leasing übrigens vom österreichischen Tech-Unternehmen Findustrial in Echtzeit messen. Kosten können also, wie bei der Stromrechnung, in Cent pro kWh abgerechnet werden. S-Leasing verspricht Strompreise ab sieben Cent pro kWh.

„Wir finanzieren den Großteil der PV-Anlagen bereits im Pay-per-use-Modell“, sagt Oliver Hedl, Leiter des Bereichs Unternehmenskunden in der S-Leasing. Das Angebot sei für viele attraktiv. „Was uns natürlich extrem entgegenkommt, ist das Thema Netzgebühren“, sagt Hedl.

PV-Anlage der Bürger
Wobei PV-Anlagen in Österreich nicht nur mithilfe von Banken nach dem Prinzip Pay-per-use angeschafft werden können. AEE-Energieberater Haslinger erzählt, dass seine Agentur für die Salzburger Gemeinde Bürmoos so etwas gerade über eine Bürgerbeteiligung realisiert. Rund 75 Bürgerinnen und Bürger haben die PV-Anlage vorfinanziert, nach 14 Jahren Laufzeit werden sie ihr Geld mit 1,75 Prozent Zinsen zurückbekommen.

Von den Regierungsplänen für den Strommarkt zeigen sich übrigens nicht nur die Branchenverbände, sondern auch die Menschen aus der Praxis alarmiert. „Wie lange seitens der Politik über das kommende Stromgesetz diskutiert wurde, ist das größte Übel. Das schafft eine Unsicherheit, ein Vakuum, und keiner investiert“, klagt Haslinger. Und der Waldviertler Bäcker Johannes Pilz sagt im Hinblick auf die veränderten Prioritäten nach dem Regierungswechsel: „Wir haben richtig viel Geld in Richtung eines ökologisch nachhaltigen Wirtschaftens investiert.“ Das sei auch gut gewesen, allerdings bedaure er, „dass die Politik den Unternehmern mit den Einspeisegebühren jetzt den nächsten Stein vor die Füße schmeißt“.

Der Standard