Europäisches Comeback bei Solar möglich

25. November 2025

Energie. Mit politischem Willen könnte Europa bei Photovoltaik von einem technologischen Generationenwechsel profitieren. In der Forschung nimmt der Kontinent nach wie vor eine starke Position ein.

Der Solarenergiebereich hat in den vergangenen Jahren ein unglaubliches Wachstum erlebt. 2022 wurde die Marke von einem Terawatt weltweit installierter Leistung übersprungen, 2024 waren es bereits über 2 TW. Davon profitiert heute vor allem China. „Wir in Europa haben in allen Bereichen der Photovoltaik noch eine Wertschöpfungskette, aber sie ist schon sehr dünn“, sagt Christoph J. Brabec, Direktor am Helmholtz-Institut Erlangen-Nürnberg für erneuerbare Energien. Er war unlängst zu Gast an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. In den 2000er-Jahren hatte Europa laut dem Physiker noch eine führende Position bei Photovoltaik. Die habe man verloren, man könne sie aber auch wieder zurückgewinnen.

An der Leistungsgrenze

Auf dem Weltmarkt dominieren Photovoltaik-Zellen aus Silizium. China hat sich bei der Massenfertigung dieser Zellen eine große Expertise aufgebaut und erreicht dabei eine hohe Qualität. Europa ist laut Brabec in der Forschung zu Photovoltaik allerdings immer noch sehr gut vertreten.

Technologisch gebe es bei Photovoltaik rasante Fortschritte, die man in der breiten Öffentlichkeit kaum wahrnimmt. Dabei werden stets neue Effizienzgewinne erzielt. Mit Silizium stoße man nun aber an fundamentale Grenzen. Aktuell erziele man mit Siliziumzellen Wirkungsgrade von bis zu 27,6 Prozent. Der Wirkungsgrad gibt an, wie viel der einstrahlenden Sonnenenergie in Strom umgewandelt werden kann.

„Rein theoretisch könnte man 33 Prozent erzielen, technisch geht man eher von maximal 30 Prozent aus“, so Brabec. Um darüber hinaus zu kommen, braucht es einen weiteren Schritt. Als aussichtsreich haben sich sogenannte Tandemzellen erwiesen. Sie können eine größere Bandbreite des Lichtspektrums in Strom umwandeln. „Damit ist man bereits bei einem Wirkungsgrad von 35 Prozent.“ In Zukunft könnte er weit höher sein.


Massenmarkt öffnen

„Jetzt geht es darum, ob es diese Technologie auf den Markt schafft. Noch sind wir in einer frühen Phase. Wir wissen noch nicht genug über die Zuverlässigkeit und Langlebigkeit dieser Art von Zellen“, sagt Brabec.
Einer der Vorreiter bei der Entwicklung sei das britische Unternehmen Oxford Photovoltaics, das auch in Deutschland produziert. In ein bis drei Jahren werden Tandemzellen reif für den Massenmarkt sein, erwartet der Experte.

Schillernde Zukunft

Produkte mit höherer Effizienz hätten sich in der Photovoltaik bisher immer durchgesetzt, sieht Brabec eine schillernde Zukunft für die neue Technologie. Für die Transformation der Energielandschaft sei dies auch sehr wichtig. „Wir bewegen uns auf eine Infrastruktur zu, die auf reine Elektrizität aufgebaut ist.“ Effizienzsteigerungen seien aber auch wichtig, um Ressourcen zu schonen. „Laut Prognosen wird 2050 die Hälfte der gesamten Silber- und Glasproduktion in die Photovoltaik fließen.“ Im Endeffekt sei ein Comeback der europäischen PV-Industrie „absolut möglich“, solange bestimmte Bedingungen erfüllt sind.

Türkei als Beispiel

„Wir müssen dafür sorgen, dass wir in der Forschung weiter an der Spitze dabei sind“, warnt Brabec. Außerdem müsse es ein klares politisches Bekenntnis geben. Ein gutes Beispiel sei die Türkei, wo die PV-Industrie staatlich stark gefördert wird, unter anderem durch steuerliche Erleichterungen. Die Türkei ist heute der viertgrößte Produzent von PV-Modulen weltweit und stellt Zellen auch selber her. Brabec: „Man braucht beides: Die Technologie und das strategische Engagement.“

Kurier