Woher die 500 Mio. Euro für billigen Strom kommen

5. Dezember 2025, Wien

Die Bundesregierung will die Energiekosten 2026 spürbar senken – ohne dafür das angespannte Budget zu strapazieren. Die Lösung: Sonderdividenden (teil)staatlicher Betriebe.


Seit Bundeskanzler Christian Stocker von seiner Rückenoperation zurückgekehrt ist, sorgt er für Rätselraten in der Republik. Der Grund: Er kündigte eine Entlastung von Stromkunden im kommenden Jahr an. Konkret, so der ÖVP-Obmann, werde die Regierung 500 Millionen Euro bereitstellen, und zwar ohne das angespannte Budget zu strapazieren. Offen blieb allerdings: Woher kommen die Mittel, und wie sollen Unternehmen und Haushalte konkret entlastet werden?


Mittwochabend wurde ein Teil des Rätsels gelöst: Der teilstaatliche Verbund gab bekannt, der Hauptversammlung für das Geschäftsjahr 2025 neben der ordentlichen Dividende eine Sonderdividende in Höhe von 1,15 Euro pro Aktie vorzuschlagen. Die Sonderdividende entspricht einem Betrag in Höhe von rund 400 Millionen Euro. Auf die angekündigten 500 Millionen Euro gerechnet bleibt so aber noch eine deutliche Lücke bestehen – die Stocker nun am Donnerstag schloss: Mittels weiterer Dividenden von staatlichen Beteiligungen soll das versprochene Geld aufgebracht werden.


200 – 200 – 100


Die Rechnung dahinter erinnert an die vom Regierungschef ausgegebene 2-1-0-Formel: Inflation auf zwei Prozent senken, Wachstum auf ein Prozent erhöhen, null Toleranz gegenüber Intoleranten. Sie lautet: 200-200-100. Konkret sollen 200 Millionen Euro aus der erwähnten Sonderdividende des Verbunds bereitgestellt werden, weitere 200 Millionen Euro kommen von der Bundesimmobiliengesellschaft(BIG) und 100 Millionen Euro werden aus nicht ausgeschütteten Dividenden der Staatsholding Öbag entnommen.


Um die Ausschüttungen zu ermöglichen, war das Wirtschaftsministerium „im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten als Eigentümervertreter der Republik“ an die Beteiligungsholding des Bundes „herangetreten, um eine zielsichere, wirtschaftlich tragfähige und zugleich budgetschonende Lösung zu entwickeln“, heißt es zur Genese der Geldbeschaffung aus dem Ressort von Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP). Die Öbag habe daraufhin „gemeinsam mit den Beteiligungsunternehmen Maßnahmen erarbeitet“. Der Hintergrund: Der Verbund gehört über die Öbag zu 51 Prozent der Republik. Die Staatsholding wiederum hält 100 Prozent an der BIG. Bleibt die Frage: In welcher Form kommen die Mittel Bürgern und Unternehmen zugute?


Abgaben statt Bremse


„Eine Lösung befindet sich derzeit in Verhandlung, Ausarbeitung und Abstimmung“, heißt es dazu auf „Presse“-Anfrage im Kanzleramt. Das Ergebnis soll aber „zeitnah präsentiert“ werden. Und: Es dürfte sich dabei um „eine abgabenrechtliche Erleichterung“ handeln.
Damit schlägt die Koalition einen anderen Weg ein als vor drei Jahren mit der Strompreisbremse: 2022 eingeführt und am 31. Dezember 2024 ausgelaufen, sorgte diese für eine Reduktion des Verbrauchspreises – seit 1. Jänner ist wieder der volle Stromtarif zu bezahlen. Berechnet wurde die Bremse damals wie folgt: Bis zu einem Grundverbrauch von 2900 Kilowattstunden (kWh) pro Jahr wurde der Energiepreis mit maximal 30 Cent gefördert. Lag der Strompreis etwa bei 45 Cent/kWh netto, übernahm der Bund 30 Cent/kWh und einzelne Haushalte hatten die übrigen 15 Cent/kWh zu begleichen. Zu Buche schlug die Maßnahmen mit 2,2 Milliarden Euro – die Jahre 2023 und 2024 zusammengezählt.
Wenig Gegenliebe für die noch unfertige neue Initiative kommt von der FPÖ: „Was uns Stocker als großen Erfolg verkauft, ist ein teurer Taschenspielertrick zulasten der Energiekunden“, kritisiert Energiesprecher Axel Kassegger. Positiver reagieren die Grünen: „Es fehlen Details, aber jede Maßnahme, die zu günstigeren Energiepreisen führt, ohne Schaden anzurichten, ist gut“, so Energiesprecher Lukas Hammer.

Von Hellin Jankowski

Die Presse