Strompreis: Experten fordern Mut zu effizienten Maßnahmen

5. Dezember 2025, Wien
Experten machen Vorschläge für Senkung der Strompreise
 - Leipzig, APA/dpa

Investitionsanreize, ein Rückzug der Politik und die Entflechtung der gegenseitigen Unternehmensbeteiligungen – das sind einige der Maßnahmen, die einen Beitrag zur Senkung der hohen Strompreise in Österreich leisten könnten, wie es in einer Expertenrunde auf Einladung des NEOS-Parlamentsklubs Donnerstagabend hieß. Der frühere Vorstandschef der Verbundgesellschaft, Wolfgang Anzengruber, fordert mehr Mut und Entschlossenheit.

„Die Zeit der homöopathischen Dosen ist vorbei, jetzt braucht es den Mut zur Chirurgie“, so der Branchenkenner. Die hohen Strompreise sind ein wesentlicher Faktor für die anhaltend hohe Teuerungsrate in Österreich.

Einsparungspotenzial gebe es genug, betont der Ex-Chef der Strom- und Gasregulierungsbehörde E-Control, Walter Boltz. Österreich habe zehn Umspannwerke zu viel. Allein daraus ergebe sich ein Einsparungspotenzial in der Größenordnung von rund 600 Mio. Euro.

Es sei in der Öffentlichkeit schwer nachvollziehbar, dass in einem Land wie Österreich, wo rund 90 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen kommen, sich der Preis am wesentlich höheren Gaspreis orientiere, sagt Anzengruber. Er kritisiert auch den in seinen Augen zu hohen Eigenkapitalanteil von 40 Prozent bei Investitionsmaßnahmen.

„Wettbewerbsfeindliche Strukturen“ trotz vieler Anbieter

Für den ehemaligen OMV-Chef Gerhard Roiss sind in erster Linie strukturelle Gründe für die auch im EU-Vergleich sehr hohen Strompreise in Österreich verantwortlich. Allein durch eine Konzentration bei den über 120 Netzgesellschaften könnte man „hunderte Millionen Euro einsparen“. Trotz der vielen Netzanbieter habe Österreich wettbewerbsfeindliche Strukturen aufgebaut, sagt Roiss. Österreich lasse sich mögliche Vorteile durch die Digitalisierung entgehen, weil man es verabsäume, die installierten Smart Meter für die Verbrauchslenkung einzusetzen.

Eine Strukturbereinigung für notwendig hält auch der ehemalige E-Contol-Chef. Allerdings könne damit anfangs noch kein Cent eingespart werden. Eine Hauptursache für die hohen Stromkosten sieht Boltz in der Tatsache, dass Deutschland im Zuge der Energiewende mehr Kohle- und Atomkraftwerke stillgelegt habe als mit anderen Energieformen in Betrieb genommen wurden. Wichtig wäre ein schnellerer Ausbau erneuerbarer Energie sowie eine Ankurbelung des Wettbewerbs.

Als Eckpfeiler für einen funktionierenden Strommarkt unerlässlich sieht Johannes Berger vom industrienahen Wirtschaftsforschungsinstitut Eco Austria eine stärkere Wechselwirkung zwischen Preis sowie Angebot und Nachfrage. Um sicherzustellen, dass die Klimaziele erreicht werden könnten, brauche es außerdem stärkere Investitionsanreize.

Wechselseitige Beteiligungen hemmen den Wettbewerb

NEOS-Energiesprecherin Karin Doppelbauer pochte auf eine notwendige Entflechtung zwischen Politik und Wirtschaft in der Energiepolitik. Wesentlich wäre auch die Auflösung der zahlreichen Kreuzbeteiligungen der Energieanbieter untereinander und eine Entpolitisierung des Energiemarktes, sagte die Abgeordnete zum Nationalrat. Denn „wenn man sich gegenseitig gehört, wird man nicht richtig in den Wettbewerb gehen“. Aktive Politiker sollten sich aus den Energieunternehmen zurückziehen, um die Arbeit nach rein wirtschaftlichen Kriterien zu ermöglichen.

APA