In Westösterreich erinnern ihn die Berge an seine Heimat in Peru. Rubén Ronald Lliuyacc Blas erforscht an der FH Vorarlberg, wie man Stromnetze vor Überlastung schützt.
Das Bundesland Vorarlberg ist vorbildlich in der Produktion von erneuerbarer Energie – auch wenn es hier so wie in Tirol kein einziges stromerzeugendes Windrad gibt. Der Ausbau in der Energiebeschaffung ohne fossile Rohstoffe läuft im Westen Österreichs vor allem durch Photovoltaik. „Es gibt eine starke Elektrifizierung, und wir berechnen, wie das bestehende Stromnetz mit diesen Änderungen zurechtkommt“, erzählt Rubén Ronald Lliuyacc Blas.
Er forscht seit 2019 an der FH Vorarlberg (FHV) in Dornbirn, oft in Studien mit regionalen Unternehmen wie z. B. im Projekt „Netzentwicklung – mission 2030“ mit der Vorarlberger Energienetze GmbH. Darin ging es um die Vorbereitung des Stromnetzes für die anstehende Energiewende. Besonders das Niederspannungsnetz, das wir aus dem Alltag kennen (Steckdose 230 Volt, Starkstrom 400 Volt), muss auf die Umstellungen durch Elektromobilität, Photovoltaik und elektrische Wärmepumpen vorbereitet werden. „Für mich war das Projekt eine wunderbare Gelegenheit. Wir haben etwa 80 Prozent aller Vorarlberger Niederspannungsnetze in Zukunftsszenarien untersucht, um daraus Handlungsempfehlungen abzuleiten“, sagt Lliuyacc Blas.
Steuerung für Wechselrichter
Studiert hat der Peruaner in der Hauptstadt Lima, an der Universidad Nacional de Ingeniería (Technische Universität). Lliuyacc Blas sagt: „Ich fand in der Schule Mathematik und Physik spannend, da waren Maschinenbau und Elektrotechnik das Richtige.“ Durch besonders gute Leistungen an der Universität in Lima erhielt Lliuyacc Blas ein Stipendium für Auslandsaufenthalte und übersiedelte 2012 nach Sevilla in Südspanien. „An der Universität Sevilla konnte ich damit den Master in Elektrischen Energiesystemen machen“, sagt er. Spanien ist bekannt für den schnellen Photovoltaik-Ausbau, und Lliuyacc Blas forschte an Wechselrichter-Steuerungen für erneuerbare Energieerzeugung. „Erfahrungen in der Forschung konnte ich auch in den Vereinigten Arabischen Emiraten und in Dänemark sammeln“, schwärmt er vom Austausch mit internationalen Gruppen. Auf der Suche nach einer PhD-Stelle entdeckte Lliuyacc Blas 2019 ein Jobangebot aus der Forschungsgruppe von Peter Kepplinger an der FHV.
Der Vergleich Anden versus Alpen
„Ich kannte wenig von Österreich und wusste nichts über Vorarlberg“, sagt er schmunzelnd: „Aber ich habe mich sofort wohl gefühlt. Die Arbeit ist interessant und angenehm. Und diese Berglandschaft! Sie erinnert mich an die Berge Perus.“ Zwei Unterschiede bemerkt Lliuyacc Blas im Vergleich von Anden und Alpen: „Hier in Vorarlberg gibt es Züge, Straßen – eine gute Infrastruktur. Die Berge in Peru sind nicht so leicht zu erreichen, aber natürlich um einiges höher.“ Seit 2019 lebt er in Vorarlberg. „Ich brauche kein Auto. Ich gehe zu Fuß, fahre mit Rad, Zug oder Bus.“ Die Kooperationen der FHV mit anderen Unis haben Lliuyacc Blas sein Doktoratsstudium an der Universität Agder im südlichen Norwegen in Grimstad ermöglicht. „Im Juni dieses Jahres habe ich meinen PhD erfolgreich verteidigt (Defensio der Dissertation, Anm.). Meine Doktorarbeit schlägt neue Methoden vor, wie man maximal installierbare Photovoltaik-Leistungen in Stromnetze berechnen kann. Hoffentlich können die Forschungsergebnisse in Zukunft Netzbetreiber dabei unterstützen, die Integration von Photovoltaik sicher und effizient zu ermöglichen.“
Stromnetze für Haushalt und Gewerbe
Jetzt forscht er in Dornbirn als Postdoc an der FHV und kümmert sich um die Weiterentwicklung der bestehenden Modelle des Stromnetzes. Lliuyacc Blas erklärt: „Es geht um den Nieder- und Mittelspannungsbereich, also um die Stromnetze, die für Haushalte, Gewerbe und Industrie relevant sind.“ Zum Ausgleich nach all der Computerarbeit geht Lliuyacc Blas sehr gern in die Natur, sei es zum Wandern oder zum Radfahren. Außerdem liebt der Südamerikaner das Tanzen: „Ich mag Latino-Tänze wie z. B. Salsa. Da gibt es hier in der Region eine große Tanzgemeinschaft mit tollen Veranstaltungen.“ Meine Ergebnisse können Netzbetreiber unterstützen.
Zur Person: Rubén Ronald Lliuyacc Blas (37) wurde in Peru geboren und studierte in Lima Maschinenbau und Elektrotechnik. Nach Forschungen in Spanien, Dänemark und den Arabischen Emiraten zog er 2019 nach Vorarlberg. Der Postdoc am Forschungszentrum Energie der FHV erstellt Modelle von Stromnetzen und analysiert Auswirkungen der Energiewende.
von Veronika Schmidt
Die Presse




