EU vor Lockerung der CO2-Zielwerte für Autos

15. Dezember 2025, Brüssel/Wien
Die EU steht vorm Aus des Verbrenner-Aus
 - Hannover, APA/dpa

Es ist ein Erfolg für die Lobbybemühungen der Autobranche einiger wichtiger EU-Staaten, aber auch der Zulieferindustrie in Österreich: Am Dienstag legt die EU-Kommission ihre überarbeiteten CO2-Vorgaben für die Autoindustrie vor. Dabei wird damit gerechnet, dass dann das für 2035 geplante Verbrenner-Aus gekippt wird – und auch danach noch neue Autos auf die Straßen kommen dürfen, aus deren Auspuff CO2 kommt.

Die EU-Kommission werde vorschlagen, „das Verbrennerverbot abzuschaffen“, sagte EVP-Fraktionschef Manfred Weber. Es sei eine „schwere industriepolitische Fehlentscheidung der linken Mehrheit im Europäischen Parlament“ gewesen, so der konservative Politiker aus Deutschland von der bayerischen CSU.

Details noch offen

An den Details, wie die CO2-Flottenregulierung künftig aussehen wird, wird noch gearbeitet. Laut Insidern ist offen, ob das Verbrenner-Aus dann 2040 kommt oder ob dauerhaft neue Diesel- und Benzinautos zugelassen werden dürfen. Auch ist offen, welche Vorgaben für die Jahre bis 2035 gelten.

Den derzeitigen Richtlinien zufolge muss der CO2-Flottenausstoß 2030 um 55 Prozent sinken, die Autobranche hatte hier Übergangsfristen gefordert. Die deutsche Bundesregierung hatte vorgeschlagen, auch Emissionen in der Produktion bei der Berechnung mit einzubeziehen, etwa die Verwendung von grünem Stahl. Zudem dürfte die EU-Kommission Details dazu vorlegen, wie der Anteil von Elektroautos in Firmenflotten gesteigert werden soll, die den Löwenanteil bei den Neuzulassungen in Europa ausmachen.

Wo Österreich „elektrisch“ fährt

In Österreich fährt jedes fünfte neu zugelassene Auto mit Elektroantrieb. Genau waren es von Jänner bis November 2025 21,3 Prozent bzw. 56.030 Elektroautos. Zum Vergleich: Im selben Zeitraum sind 73.707 Pkw mit Benzinmotoren und 31.028 mit Dieselantrieb hinzugekommen, sowie gut 100.000 Hybrid-Autos. Bis Elektroautos auf Österreichs Straßen in der Mehrheit sind, wird es also noch dauern. Von insgesamt 5,2 Millionen Pkw waren im Vorjahr nämlich erst knapp 201.000 mit Elektroantrieb unterwegs. Das entspricht einem Anteil von 3,8 Prozent.

Etwas höher war der Anteil in Wien und Vorarlberg mit knapp unter fünf Prozent. Der Bezirk mit dem höchsten Elektro-Anteil ist die Wiener Innenstadt, mit 14 Prozent. Auch sonst fahren tendenziell eher die Städte und ihr Umland elektrisch, während ländliche Regionen stärker auf Verbrenner setzen. Außerhalb Wiens sind laut von der APA ausgewerteten Daten die meisten E-Autos in Eisenstadt (7,1 Prozent, inklusive Rust), Salzburg (6,0), Mödling (5,7) und Innsbruck (5,4 Prozent) unterwegs.

Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) hatte sich zuletzt zufrieden über die in Brüssel erwartete Aufweichung des Verbrenner-Aus gezeigt. Einmal mehr forderte er – wie auch die Wirtschaftsverbände in Österreich – „Technologieoffenheit“ ein.

Branche gespalten

Der Streit um das Verbrenner-Aus spaltet die Branche. Viele traditionelle Autobauer wie BMW oder Stellantis haben sich für eine Abkehr vom Verbrenner-Aus stark gemacht. Sie verweisen darauf, dass die Nachfrage nach Elektroautos derzeit langsamer steigt als ursprünglich angenommen. Ein Grund dafür sei die mangelhafte Ladeinfrastruktur insbesondere in Süd- und Osteuropa. Elektroautobauer befürchten dagegen, im Rennen insbesondere mit chinesischen Anbietern ins Hintertreffen zu kommen. „Die Technologie ist bereit, die Ladeinfrastruktur ist bereit, und die Verbraucher sind bereit“, sagte Polestar-Chef Michael Lohscheller. „Worauf warten wir dann?“

Kritik an Abkehr vom Verbot

Umweltverbände und Wirtschaftswissenschafter kritisieren dagegen einhellig die Abkehr vom Verbrennerverbot. Es löse weder die aktuellen Probleme der Hersteller noch sichere es Industriejobs, wenn nun doch noch länger Autos mit Benzin- oder Dieselmotoren neu zugelassen werden, sagte die Vorsitzende der deutschen Wirtschaftsweisen, die Münchner Volkswirtin Monika Schnitzer, der „Süddeutschen Zeitung“ vom Montag. Viele Unternehmen hätten bereits in die neue Technologie investiert.

Die Autobranche insbesondere in Deutschland steckt in einer Krise, die Firmen verdienen laut einer Studie der Beratungsgesellschaft EY derzeit so wenig wie seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten nicht mehr. In Österreich sind viele Firmen tätig, die der deutschen und gesamten internationalen Autoindustrie zuliefern.

APA/Reuters