Der Zubau von PV-Anlagen wurde gebremst, die Windkraft kämpft mit Gegenwind. Dennoch könnte es Österreich noch schaffen, sich 2030 komplett mit grünem Strom zu versorgen.
Das Ziel ist recht ehrgeizig, aber unumstritten: 2030 will Österreich übers Jahr gerechnet so viel grünen Strom erzeugen, dass das Land seinen Jahresbedarf komplett selbst decken kann. Schon die schwarz-blaue Koalition hatte sich darauf verständigt. Die türkis-grüne Regierung hat es schließlich im Jahr 2021 im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) festgeschrieben.
Verglichen mit dem Beginn des Jahrzehnts müssen die Erneuerbaren dazu gehörig wachsen: Die Photovoltaik muss bis 2030 um elf Terawattstunden mehr liefern, der Wind um zehn, die Wasserkraft um fünf und die Biomasse um eine TWh. Ende 2025 stellt sich daher die Frage: Geht sich das alles noch aus?
Laut dem Übertragungsnetzbetreiber Austrian Power Grid (APG) deckten die Erneuerbaren im November knapp zwei Drittel (63,5 Prozent) des Strombedarfs ab. Im Vergleich zu November 2024 erzeugten die Erneuerbaren um 8,1 Prozent mehr Strom. Allerdings stieg im Jahresvergleich auch der Stromverbrauch um 5,2 Prozent.
2024 auf Zielkurs
Solche Monatsvergleiche sind jedoch nur bedingt aussagekräftig: Denn in den warmen Monaten kann sich Österreich schon jetzt beinahe selbst mit grünem Strom versorgen, während es in den kalten die Lücke nach wie vor mit fossiler Energie schließen muss. Laut dem Energie-Infoportal des Wirtschaftsministeriums liegt der Erneuerbaren-Anteil derzeit bei rund 70 Prozent.
Die gesamten Daten fürs Jahr 2025 gibt es laut der Energieregulierungsbehörde E-Control frühestens im kommenden Februar. Blickt man auf die Vorjahre, so zeigen sich unterschiedliche Entwicklungen. „In den Jahren 2021 bis 2023 waren wir vom EAG-Zielkurs entfernt“, sagt Harald Proidl, der in der E-Control die Abteilung Ökoenergie leitet. „2024 hat Österreich das Ziel übererfüllt.“
Ihm zufolge lassen sich die Unterschiede in diesen Jahren nicht nur an der Geschwindigkeit des Ausbaus messen, sondern hängen auch stark mit den klimatischen Bedingungen der einzelnen Jahre zusammen. So kann etwa die Wasserkraft – die stärkste Erneuerbaren-Quelle – in einem trockenen Jahr ihr Potenzial nicht ausschöpfen. 2024 lagen hingegen sowohl Wasserkraft als auch PV über dem Zielkurs. Die Windkraft blieb nach wie vor darunter. Wird sie das bis 2030 noch aufholen können?
2025 sei die Windkraft „mit stürmischer, politisch motivierter Verunsicherung konfrontiert“ gewesen, zeigt sich Florian Maringer, Geschäftsführer der Branchenvertretung IG Windkraft, verwundert. Schließlich seien Windkraftprojekte mit einer Leistung von 1200 Megawatt bereits genehmigt und könnten zur „sicheren, regionalen Energieversorgung Österreichs“ beitragen.
„Mit diesen aktuell in vielen Regionen des Landes fertig genehmigten 3,2 TWh Strom für über 900.000 Haushalte und weiteren zusätzlichen Projekten in der Pipeline können – wenn die Regierung echte Verfahrensbeschleunigung und Zukunftsarbeit betreibt – die EAG-Ziele erreicht und die Windenergie in den nächsten drei bis vier Jahren auf bis zu 25 Prozent der Stromversorgung des Landes gesteigert werden“, verspricht Maringer. Auch E-Control-Experte Proidl hält die Einhaltung des EAG-Ziels „auf jeden Fall für noch machbar“.
„Auf jeden Fall machbar“
Den Boom an Erneuerbaren hat das Land bisher einer Energiequelle zu verdanken: der Photovoltaik. „Wir sind zwar beim EAG auf Zielpfad, verfehlen aber das Zubau-Ziel des integrierten österreichischen Netzinfrastrukturplans, den die Regierung beschlossen hat. Dieses ist für uns das einzig sinnvolle Planungsziel, weil es auf den aktuellsten Berechnungen basiert, wie sich der Stromverbrauch entwickeln wird“, sagt Vera Immitzer, Geschäftsführerin von PV-Austria. Derzeit befinde sich der PV-Zubau auf dem Tiefststand seit drei Jahren.
Dass das Ausbau-Ziel seit diesem Jahr unter Plan liege, habe laut Immitzer vor allem mit der Unsicherheit zu tun, für die die Politik verantwortlich sei: Die Regierung schaffte unter anderem die Mehrwertsteuerbefreiung für PV-Anlagen ab, die Verhandlungen zum Elektrizitätswirtschaftsgesetz zogen sich nicht nur, sondern auch die Drohung von Netzeinspeisegebühren für alle PV-Anlagen hätten zu Verzögerungen geführt.
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