Interview zum Jahreswechsel
Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner über ihre Reformbereitschaft, das neue Strommarktgesetz und die FPÖ.
Was war aus Ihrer Sicht das wichtigste Ereignis in diesem Jahr?
Johanna Mikl-Leitner: Aus meiner persönlichen Sicht ist es mir das Wichtigste, dass mehr als zwei Drittel der Landsleute sagen, sie sind mit der Arbeit der Landesregierung zufrieden oder sogar sehr zufrieden. Wir gehen in Niederösterreich unseren eigenständigen Weg und das wird geschätzt. Die Bundesregierung hat noch vor Weihnachten einige Entscheidungen auf den Weg gebracht – unter anderem das neue Strommarktgesetz.
Was erwarten Sie sich davon für Niederösterreich?
Mikl-Leitner: Ich erwarte mir, dass das kommt, was versprochen wurde: und zwar, dass die Strompreise für unsere Landsleute und Betriebe wieder sinken. Die Preistreiber sind nämlich vor allem Bundesabgaben und Netzkosten. Daran wird diese Bundesregierung gemessen. Die FPÖ – immerhin Regierungspartner in der Landesregierung – hat erneut die ÖVP scharf wegen ihrer Politik in der Coronazeit kritisiert. Sie haben das einfach kommentarlos hingenommen. Warum? Mikl-Leitner: Sie werden festgestellt haben, dass sich die Parteien, vor allem auf Bundesebene, ganz generell wenig schenken. Ich beschäftige mich nicht mit Parteienstreitereien. Mir ist wichtig, dass wir ehrlich und transparent aufarbeiten und für die beste Zukunft unserer Kinder arbeiten. Sie haben im Sommergespräch angekündigt, dass jeder Stein und jedes Papier in der Landesverwaltung umgedreht wird.
Was ist dabei herausgekommen, wo wird konkret gespart?
Mikl-Leitner: Wir haben jedes sechste Landesgesetz von bürokratischem Ballast befreit und davon drei komplett gestrichen. Das macht die Verwaltung schneller, effizienter und sparsamer. Zwei Beispiele: Der zweigliedrige Instanzenzug bei Baubescheiden wurde abgeschafft – Einsprüche gehen nun direkt an das Landesverwaltungsgericht, was auch die Gemeinden entlastet. Und durch die Neuorganisation der Amtssachverständigen können wir mit den fünf Gebietsbauämtern eine komplette Verwaltungsebene einsparen. Die Wirtschaft schwächelt nach wie vor.
Was tut Niederösterreich, damit wir 2026 über weniger Pleiten berichten müssen?
Mikl-Leitner: Alleine die Umbauordnung, die das Sanieren erleichtert, sollte bereits Effekte bringen. Außerdem werden wir Anfang 2026 unsere neue Wirtschaftsstrategie präsentieren und dabei einen klaren Fokus auf unsere Wachstumsbranchen legen: Wir haben großartige innovative Firmen, die auch in herausfordernden Zeiten gut bezahlte Jobs schaffen – zum Beispiel in der Gesundheitswirtschaft, Bahnindustrie oder Weltraum-Branche. Und dann investieren wir unter dem Titel „Mission Nobelpreis“ im kommenden Jahr 150 Millionen Euro in Wissenschaft und Forschung, weil wir wissen, dass wir im Wettbewerb um die billigsten Produkte nicht mitspielen wollen: Wir wollen mit den besten Produkten punkten und dazu brauchen wir die besten Köpfe und die besten Ideen. Kanzler Christian Stocker hat mit Amtsantritt eine Reformpartnerschaft zwischen Bund, Ländern und Gemeinden ins Leben gerufen. Von außen betrachtet hat man das Gefühl, dass sich seither kaum etwas bewegt.
Wie ist Ihr Eindruck?
Mikl-Leitner: Es wurde eine sehr große Erwartungshaltung aufgebaut. Ich bin auch der Meinung: Diese Republik kann sich keine Doppelgleisigkeiten mehr leisten. Wir müssen die Zuständigkeiten klarer regeln. Ich bin bereit, dass die Länder etwa im Bildungsbereich mehr Verantwortung übernehmen. Am Ende braucht es aber den Willen aller Beteiligten, Strukturen aufzubrechen und Veränderungen zuzulassen. Ich kann nur sagen: Ich bin dazu bereit. Experten gehen davon aus, dass es früher oder später zu Gemeinde-Fusionen kommen muss. Sie sind dagegen. Warum? Mikl-Leitner: Ich bin gegen Gemeindezusammenlegungen, die den Bürgern und den Gemeinden von oben verordnet werden. Denn unsere Gemeinden sind für unsere Landsleute ein wichtiger Identitätsfaktor. Wenn sich Gemeinden aber freiwillig zusammenschließen, ist das selbstverständlich zu begrüßen. Das größte Sparpotenzial liegt jedoch in den Kooperationen zwischen den Gemeinden – etwa bei Bauprojekten oder in der Buchhaltung. Aktuell gibt es über 630 Gemeindeverbände, und diese Zusammenarbeit wird weiter zunehmen.
Die EU schafft die Zollfreigrenze für Waren unter 150 Euro ab. Welche Auswirkungen erwarten Sie sich durch diese Entscheidung? Und wie soll kontrolliert werden, was in den Päckchen wirklich drin ist?
Mikl-Leitner: Europa wird derzeit von Billigsendungen aus Drittstaaten, insbesondere aus China, regelrecht überflutet. Diese Produkte unterlaufen oft Sicherheits-, Umwelt- und Sozialstandards, setzen unseren Handel massiv unter Druck und gefährden Jobs. Gut, dass ab Juli 2026 eine Abgabe auf Kleinsendungen eingehoben wird und die Zollfreigrenze fällt – dafür haben wir uns mit Nachdruck eingesetzt. Klar ist aber auch: Ohne konsequente Kontrollen bleibt diese Maßnahme wirkungslos. Die Regeln müssen auch durchgesetzt werden.
Was wünschen Sie sich für 2026?
Mikl-Leitner: Mir ist wichtig, dass wir den Zusammenhalt in unserem Land weiter stärken und dass die Menschen sehen: Reformen wirken. Ob Gesundheitsreform, Bürokratieabbau, Kinderbetreuung oder im Kampf gegen den radikalen Islam – wir treffen Entscheidungen, übernehmen Verantwortung und erklären unseren Weg. Das Interview in voller Länge lesen Sie auf NÖN.at
Daniel Lohninger und Walter Fahrnberger
NÖN Niederösterreichische Nachrichten





