Im Streit über die Einstufung von Atomkraft als grüne und nachhaltige Energie macht eine Staatenallianz mit Österreich Druck auf die EU-Kommission. Jedes Land habe zwar das Recht, seine Energieform selbst zu wählen, schreiben Minister von fünf Staaten in einem Brief an die Kommission. Bei der Taxonomie – der Richtlinie für grüne Finanzinvestments – gehe es aber um Nachhaltigkeit. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler gehört zu den Unterzeichnern, bestätigte ihr Ministerium.
„Wir machen uns Sorgen, dass der Einschluss von Atomkraft in die Taxonomie deren Integrität und Glaubwürdigkeit beschädigt und daher auch deren Nützlichkeit.“ Sparer und Investoren würden ihr Vertrauen in Finanzprodukte verlieren, wenn sie fürchten müssten, auch im Bereich der Atomenergie Geld anzulegen. Atomkraft sei unvereinbar mit den Gründsätzen der Taxonomie.
Den Brief haben neben Klimaschutzministerin Gewessler (Grüne) auch Minister aus Deutschland, Spanien, Dänemark und Luxemburg unterschrieben. Sie greifen in dem Schreiben auch das Vorgehen der Kommission bei der Einstufung der Atomkraft an. So hätten die Expertengutachten vernachlässigt, dass die Endlagerfrage des Mülls in allen Staaten ungelöst sei und noch Generationen belasten werde. Deutschland will nun ein eigenes Gutachten dagegen halten.
Die Taxonomie soll ähnlich der deutschen Sustainable-Finance-Richtlinie der wachsenden Zahl von Investoren eine Richtschnur bieten, die in klimafreundliche und nachhaltige Unternehmen und Sektoren investieren wollen. Papiere der EU-Kommission hatten zuletzt aber deutlich gemacht, dass Atomkraft hier eingeschlossen werden soll. Allerdings gibt es auch innerhalb der Kommission hier offenbar unterschiedliche Auffassungen, da Kommissions-Vize-Präsident Frans Timermans sich skeptisch äußerte.
Für die Atomkraft setzen sich vor allem Frankreich und eine Gruppe osteuropäischen Staaten ein, die zugleich auch Erdgas als Übergangstechnologie in der Taxonomie sehen wollen. Die Kommission erwartet in den nächsten Tagen letzte Experten-Meinungen dazu. Sie will einen Vorschlag in einem sogenannten delegierten Rechtsakt gießen. Um diesen dann noch zu ändern, bräuchte man eine aktive Staatenmehrheit dagegen, was als schwierig gilt.
APA/ag