Der für Dienstleistungen, den Binnenmarkt und Verteidigung zuständige EU-Kommissar Thierry Breton plädiert dafür, den Ausstieg aus der Atomkraft zu bremsen. In einem Gespräch mit der Tageszeitung „Die Presse“ und vier weiteren europäischen Medien erklärte der Franzose, andernfalls sei es für Europa unmöglich, bis zum Jahr 2050 netto keine Treibhausgase mehr auszustoßen.
„Es gibt keinen Weg, das 2050-Ziel ohne Kernkraft zu erreichen. Keinen einzigen. Jeder, der etwas anderes sagt, hat unrecht“, erklärte Breton am Dienstag bei dem Pressegespräch in Brüssel. Zu dem Vorhaben der EU-Kommission, das Erreichen der Klimaneutralität unter anderem durch das Auslaufen des Verbrennungsmotors bis zum Jahr 2035 und seine Ersetzung durch Elektromotoren und den Wasserstoffantrieb zu forcieren, gab Breton zu bedenken, dass beide Antriebsformen „enorme zusätzliche Kapazitäten an elektrischem Strom erfordern“ würden. „Wie erzeugt man Wasserstoff? Mit Elektrizität. In Europa wird das an sich schon schwer genug. Um das Ziel für 2050 zu erreichen, werden wir die Stromproduktion verdoppeln müssen. Wir werden das, was wir jetzt schon an Windkraft haben, verzehnfachen müssen“, sagte Breton.
Der EU-Kommissar beeilte sich laut „Presse“ aber, den Eindruck zu vermeiden, er wolle für den Bau neuer Kernkraftwerke werben oder gar den Mitgliedstaaten vorschreiben, auf welche Weise sie ihren Energiebedarf decken. „Der Energiemix ist allein Sache der Mitgliedstaaten. Das steht so in den Verträgen.“ Breton schlug vor, dass jene Staaten, die ihre Atomkraftwerke schließen wollen, diese Reaktoren in der Übergangsphase bis zur Stilllegung vom Stromnetz nehmen und ausschließlich für die Gewinnung von Wasserstoff einsetzen. Das sei ein pragmatischer Übergang, denn: „Wir werden die Kernkraft nicht für immer verwenden.“
APA