ÖVP und Grüne verhandeln aktuell über die geplante Öko-Steuerreform, die zu einer Reduktion des CO2-Ausstoßes führen soll. Auch auf EU-Ebene ist bis 2030 eine Senkung der CO2-Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 geplant. Eine CO2-Steuer kann als Instrument dienen, dieses Ziel zu erreichen. „Doch es ist Vorsicht geboten“, sagt das Institut für Höhere Studien (IHS), denn die österreichischen Haushalte bezahlen jetzt schon mehr für den CO2-Ausstoß als die Wirtschaft.
„CO2-Steuern sind keine Zukunftsmusik. Sie existieren in Österreich implizit durch die bestehenden Energie- und Verkehrssteuern schon jetzt und summierten sich im Jahr 2018 auf fast 5,3 Mrd. Euro. So fallen beispielsweise bei der Zulassung von Neuwagen Steuern an, für jeden Liter Kraftstoff muss Mineralölsteuer bezahlt werden, und ein Teil der Unternehmen muss sich mit CO2-Emissionszertifikaten eindecken“, so das IHS in einer Publikation aus dem Frühjahr.
In einer Studie im Auftrag der AK Wien hat das IHS die CO2-Steuern gesamthaft den österreichischen Wirtschaftssektoren und den Haushalten zugeordnet und ist dabei zu dem Schluss gekommen, dass die Haushalte pro ausgestoßener CO2 -Tonne 157 Euro an Verkehrs- und Energiesteuern zahlen – das ist 35-mal so viel wie der Energiesektor für die gleiche Emission bezahlt. Besonders wenig zahlen neben dem Energiesektor auch der Bergbau, die Warenproduktion und die Exportwirtschaft. Ähnliche Daten hat auch das Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo erhoben. Demnach tragen die privaten Haushalte 56 Prozent der Ökosteuern, 16 Prozent entfallen auf den öffentlichen und privaten Dienstleistungssektor, neun Prozent auf Verkehr und Nachrichtenübermittlung. Der Bausektor zahlt nur fünf Prozent der Ökosteuern, zwölf Prozent werden dem Sektor Bergbau, Warenherstellung und Energie- und Wasserversorgung zugerechnet, zwei Prozent trägt die Landwirtschaft.
Teilweise ergeben sich diese Unterschiede durch Steuerbefreiungen, die in direktem Zusammenhang mit den Energie- und Verkehrssteuern stehen. Es lasse sich also argumentieren, dass es sich bei diesen Steuerbegünstigungen um Förderungen handelt, die den CO2-Ausstoß in Österreich monetär begünstigen, so das IHS. Zusätzlich dazu lässt sich eine ganze Reihe weiterer klimaschädlicher Förderungen identifizieren, darunter beispielsweise verschiedene Strompreisprivilegien. Laut Berechnungen des IHS summieren sich die identifizierten Förderungen klimaschädlichen Verhaltens im Jahr 2018 auf rund 3,3 Mrd. Euro. Dabei zeichnet sich bei der sektoralen Verteilung dieser Förderungen wieder ein Ungleichgewicht zuungunsten der Haushalte ab. So entfällt nur etwa ein Fünftel der Förderungen auf diese, während beispielsweise der sehr kleine Luftfahrtsektor mit 434 Mio. Euro gefördert wird.
Zur Senkung der CO2-Emissionen in Österreich wird eine Bepreisung dieser Emissionen diskutiert. Das IHS hat drei Szenarien hierfür errechnet: In Szenario 1 werden die existierenden Energiesteuern beibehalten und zusätzlich 60 Euro pro ausgestoßener Tonne CO2 aufgeschlagen. In Szenario 2 wird die Energiesteuer nach dem Energiegehalt des jeweiligen Energieträgers angepasst und dazu 120 Euro pro Tonne CO2 aufgeschlagen. In Szenario 3 werden existierende Energiesteuern abgeschafft und 315 Euro pro ausgestoßener Tonne CO2 fällig. Wirtschaftssektoren wie der Energiesektor, die jetzt schon am Europäischen Emissionshandelssystem (ETS) beteiligt sind, bleiben dabei von den neuen Steuern ausgenommen.
Verglichen mit den existierenden Energiesteuern, würde die summierte direkte Belastung in der kurzen Frist jeweils um 2,2 Mrd. (Szenario 1), 5,2 Mrd. (Szenario 2) oder 6,7 Mrd. Euro (Szenario 3) ansteigen, wenn man die gesamten Emissionen in Österreich als Berechnungsgrundlage heranzieht. Würden nur die klimaschädlichen Emissionen besteuert, so beläuft sich die direkte Mehrbelastung je nach Szenario auf 1,5 Mrd., 3,1 Mrd. oder 3,4 Mrd. Euro. Die Haushalte würden in allen Szenarien, unabhängig von der Steuerbasis, mehr als die Hälfte der Steuerlast stemmen. Es ist anzunehmen, dass sich die Steuerbelastung in der langen Frist vermindern würde, da Unternehmen und Haushalte ihr Verhalten an die veränderten Preise anpassen würden.
Bei einer Betrachtung der kumulierten direkten und indirekten Belastung zeigt sich ein ähnliches Bild. Die Haushalte würden kurzfristig in allen Szenarien die Hauptlast der Mehrbelastung stemmen. Bei der Einführung einer neuen CO2-Steuer müsste daher auf eine Entlastung für die Haushalte geachtet werden, so das IHS. Eine Steuer sollte zudem alle Emissionen gleich behandeln, egal von welchem Energieträger sie stammen. Im Moment wird Benzin pro Tonne CO2 zehnmal so stark besteuert wie Kohle. Bei Einführung einer Steuer sollte also diskutiert werden, ob eine komplette Neugestaltung der Energiesteuern einer reinen „On-Top-Besteuerung“ vorzuziehen wäre, empfiehlt das IHS.
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) nannte in einem Interview mit der „Kleinen Zeitung“ am Sonntag einige Details zur bevorstehenden Steuerreform. So soll es einen Klimabonus auch für Kinder geben, damit Familien bevorzugt werden. Für Menschen, die auf das Auto angewiesen sind, schweben den Grünen eine Reform des Pendlerpauschale oder Zuschläge zum Klimabonus vor.
„Es gibt Unterschiede in den Möglichkeiten, sich klimafreundlich zu verhalten. Nicht alle können alles im gleichen Moment verändern. Das müssen wir berücksichtigen. Es ist aber schon auffällig, dass diejenigen, die jahrzehntelang Schienen herausgerissen haben und Buslinien eingestellt haben – und das ist bei Gott nicht nur die ÖVP – jetzt draufkommen, dass im Waldviertel die U-Bahn nicht vor dem Bauernhof stehen bleibt. Das Nichtstun der Vergangenheit kann nicht die Ausrede dafür sein, die nächsten Jahre wieder nichts zu ändern“, so Kogler in Richtung Autofahrer-Lobby.
Eine klare Absage erteilte er dem Wunsch der Wirtschaftskammer nach einer Senkung der Körperschaftssteuer. „Ich halte die Senkung der Lohnnebenkosten für schlauer. Wir müssen ja auch die Schuldenquote im Auge behalten. Das setzt voraus, dass wir nicht an jeder Stelle gleichzeitig senken. Ich gehe davon aus, dass sich dieses ökonomische Wissen auch bis zur Wirtschaftskammer durchspricht“, sagte der studierte Volkswirt.
APA