Gewessler „zuversichtlich“ in Kampf gegen slowenisches AKW

12. Oktober 2021, Klagenfurt
Atomkraft laut Ministerin nicht nur unsicher, sondern auch teuer - Wien, APA/HERBERT NEUBAUER

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat sich im Kampf gegen das neue slowenische AKW Krsko „zuversichtlich“ gezeigt. „Die politische Diskussion in Europa geht ganz eindeutig in Richtung erneuerbare Energie“, sagte Gewessler in einer Onlinediskussion der „Kleinen Zeitung“ mit dem slowenischen Botschafter in Wien, Aleksander Gerzina. Atomkraft sei nämlich nicht nur unsicher, sondern vor allem „so teuer, dass sie eigentlich nicht mehr konkurrenzfähig ist“.

Gerzina wiederholte in der Diskussion die bekannten slowenischen Argumente für den Neubau – Sicherung der Energieversorgung und Ersatz für den veralteten aktuellen Meiler -, wollte aber einen Meinungsumschwung in seinem Land nicht ausschließen. „In der Politik ist nichts fix. Das haben wir in Österreich in den letzten 72 Stunden gesehen“, sagte der Botschafter mit Blick auf die jüngsten Regierungsturbulenzen.

„Wir sind jetzt mitten in der Diskussion, ob wir den zweiten Meiler überhaupt bauen werden oder nicht“, sagte der Botschafter. Die Politik sei derzeit dafür, aber nun müsse es – gesetzlich verankert – noch fünf bis sechs Jahre Diskussionen unter anderem mit NGOs geben. Erst dann werde es zur Entscheidung kommen, wobei die Bauzeit dann noch einmal zehn Jahre betrage. Gerzina bestätigte, dass das Kraftwerk das aktuelle AKW ersetzen solle. Deshalb soll er zwischen den Jahren 2035 und 2040 fertiggestellt sein, wenn auch die Lebenszeit des derzeitigen AKW ende.

Genau bei der gesellschaftlichen Diskussion innerhalb Sloweniens will Gewessler ansetzen. Man werde eine Diskussion mit der Bevölkerung und Zivilgesellschaft führen, „in die werden wir uns einbringen“, kündigte die steirische Politikerin an. Die frühere Global-2000-Aktivistin bekräftigte zwar die grundsätzliche Ablehnung der Atomkraft durch Österreich, warb aber vor allem mit pragmatischen Argumenten. So führte sie etwa aus, dass Atomkraftwerke aufgrund ihrer langen Bauzeit nicht den erforderlichen raschen Beitrag zum Klimaschutz leisten können. Auch die Frage der Kosten sei „für viele Länder, neben der Sicherheit, ein starkes Argument“, sagte sie. „Wir können Steuergeld nur einmal investieren“, warb die Umweltministerin für den Ausbau erneuerbarer Energieträger, weil diese auch regionale Wertschöpfung sowie die Unabhängigkeit Europas von externen Energiequellen stärken würden.

Eher zurückhaltend argumentierte Gewessler im Sicherheitsbereich, zumal sich die oftmals brachiale österreichische Kritik („Schrottreaktoren“) in den vergangenen Jahren als eher kontraproduktiv erwiesen hat und Abwehrreflexe bediente. So sagte die Ministerin mit Blick auf das Ende der 1970er Jahre errichtete AKW Krsko, dass das Sicherheitsrisiko bei einem Meiler, „der Jahrzehnte auf dem Buckel hat“, steige. Auch sei Österreich in Sorge, weil nun im selben erdbebengefährdeten Gebiet ein neues AKW errichtet werde. Sicher sei an der Atomkraft nur das Risiko, sagte sie.

Gerzina entgegnete, dass in den vergangenen fünf Jahrzehnten schon mehrere Erdbeben in der Region stattgefunden hätten und es nie Beschädigungen in Krsko gegeben habe. „Krsko ist eines der sichersten Kraftwerke der Welt“, sagte der Botschafter mit Verweis auf internationale Studien. Das AKW sei nämlich so konstruiert, dass es sich schon bei geringen Erdbeben sofort abschalte. Im Juli hatte Gerzina in einem APA-Interview in Richtung Österreichs gesagt, „mit Pauschalurteilen und Stereotypen, wonach es sich um ein zweites Tschernobyl handelt“ gegen Atomkraftwerke zu agitieren.

Gerzina betonte, dass derzeit 25 Prozent der gesamten europäischen Energieversorgung auf die Atomkraft entfallen. „Auch Österreich ist nicht voll energieunabhängig“, sagte er mit Blick auf die Wintermonate, in denen Österreich traditionell Energieimporteur ist. Gewessler räumte dies ein, bekräftigte aber das Ziel, bis 2030 den Strom vollständig aus erneuerbarer Energie beziehen zu wollen. Dabei sei auch die europäische Vernetzung wichtig, sagte sie in Anspielung auf das Abdecken von Bedarfsspitzen, die bisher insbesondere durch Gas- oder Kohlekraftwerke gedeckt wurden. „Österreich mit seinen Wasserkraftwerken kann in diesem System die Batterie spielen und ausgleichend wirken“, schlug sie vor. Zugleich nannte sie das Burgenland als Beispiel dafür, dass auch der Bau von Windkraftwerken im Einklang mit den Bedürfnissen der Umwelt und der Anrainer erfolgen kann. Schließlich sei das Burgenland als Tourismusland zugleich die Region mit der größten Windkraftdichte in Europa.

APA