G20 – Mehr Tempo bei Klimaschutz und Pandemie-Bekämpfung gefordert

29. Oktober 2021, Rom

Die wichtigsten Industrie- und Schwellenländer wollen mehr Tempo beim Klimaschutz und der Pandemie-Bekämpfung. „Wir erkennen an, dass die Auswirkungen des Klimawandels bei 1,5 Grad viel geringer sind als bei zwei Grad und dass sofortige Maßnahmen ergriffen werden müssen, um 1,5 Grad in Reichweite zu halten“, heißt es in einem der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag vorliegenden Entwurf der G20-Gipfelerklärung in Rom.

„Wir verpflichten uns, die existenzielle Herausforderung des Klimawandels zu bewältigen.“ Zugleich sollen die G20-Staaten mithelfen, dass Impfstoffe schneller entwickelt werden als bisher. WTO-Chefin Ngozi Okonjo-Iweala mahnte die Teilnehmer des am Samstag beginnenden Gipfels der Staats- und Regierungschefs, sie müssten sich zur Reform der Welthandelsorganisation bekennen.

Bei dem Klimateil gilt allerdings weiter als strittig, bis zu welchem Jahr die Länder Klimaneutralität erreicht haben wollen. Dabei gehen die Meinungen bei so unterschiedlichen G20-Ländern wie Japan, China, Saudi-Arabien und den EU-Staaten weit auseinander. Auch der Hinweis in der Erklärung, dass die G20-Staaten für mindestens 75 Prozent der Treibhausgas-Ausstoßes verantwortlich sind, gilt als strittig. Zuvor hatte es etwa in der Bundesregierung geheißen, dass von Rom ein Signal für ehrgeizige Klimaziele ausgehen solle, man aber wegen der folgenden Weltklimakonferenz in Glasgow keine weitreichende Beschlüsse erwarte. Ölproduzenten wie Saudi-Arabien galten zudem bei den G20 als Bremser.

Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz nimmt am Nachmittag in Rom an einer gemeinsamen Beratung der G20-Finanz- und Gesundheitsminister teil, die dem eigentlichen Gipfel vorgeschaltet ist. Dabei geht es um die Vorsorge und Pandemie-Bekämpfung. Im Kapitel Gesundheit der G20-Abschlusserklärung unterstreichen die Regierungen laut Entwurf das Ziel, dass 70 Prozent der Weltbevölkerung bis Mitte 2022 gegen Corona geimpft sein soll. Die Produktion von Impfstoff in den Schwellenländern soll ausgebaut werden.

Zudem soll die Entwicklung neuer Impfstoffe nach Möglichkeit auf 100 Tage verkürzt werden – was allerdings vor allem von der technologischen Entwicklung abhängt. In der Corona-Pandemie ist die Entwicklung und Zulassung neuer Impfstoffe bereits von mehr als einer Dekade auf weniger als ein Jahr verkürzt worden. Nun soll versucht werden, die Forschung anzuschieben und regulatorische Vorhaben zu straffen, damit man noch schneller auf neue Pandemien reagieren kann. „Wir werden die Wissenschaft dabei unterstützen, den Zyklus für die Entwicklung sicherer und wirksamer Impfstoffe, Therapeutika und Diagnostika von 300 auf 100 Tage zu verkürzen“, heißt es in dem Entwurf.

Die G20 wollen sich zudem zu einem „offenen und fairen, regelbasierten Welthandel“ bekennen. Dieser sei wichtig, um Wachstum und Jobs zu schaffen, heißt es in dem Entwurf. Deshalb müssten Protektionismus bekämpft und die multilaterale Handelszusammenarbeit mit der WTO gestärkt werden. Diese müsse reformiert werden. Die wichtigsten Industrie- und Schwellenländer bekennen sich damit nach dem Ende der Ära von US-Präsident Donald Trump wieder klar zur multilateralen Zusammenarbeit. Auf der Handelsministerkonferenz im November müsse es Fortschritte beim Abbau schädlicher Fischerei-Subventionen und dem Schutz des geistigen Eigentums geben, forderte Okonjo-Iweala.

Auch die generelle Entwicklung der Weltwirtschaft wird Thema bei den Beratungen sein. Dabei geht es auch darum, wie das Wachstum in Entwicklungs- und Schwellenländern gestärkt werden kann. Diese kommen langsamer aus der Pandemie als die reichen Industrieländer mit ihren deutlich höheren Corona-Impfquoten. US-Finanzministerin Janet Yellen sagte in Rom dem Sender CNN, dass sie mit einer Normalisierung der Inflation in der zweiten Jahreshälfte 2022 rechne.

An dem G20-Gipfel nimmt auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel teil. Sie will in Rom auch eine Reihe bilateraler Gespräche etwa mit US-Präsident Joe Biden führen – und möchte dies zusammen mit Scholz als wahrscheinlichem Nachfolger im Kanzleramt tun. Die bilateralen Treffen der Staats- und Regierungschefs am Rande des Gipfels gelten als wichtiges Element der seit 2008 stattfindenden Treffen auf oberster Ebene. Am Nachmittag ist etwa ein Gespräch Bidens mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron geplant.

APA/Reuters