Die Grünen fordern im Kampf gegen die Klimakrise eine Lockerung der EU-Schuldenregeln für grüne Investitionen. Es sei wichtig, dass die Fiskalregeln Spielraum für Klimainvestitionen zulassen, „weil die Gefahr schon recht groß ist, dass Staaten dabei als erstes sparen“, sagte der grüne Budgetsprecher Jakob Schwarz am Mittwoch gegenüber der APA. Der Koalitionspartner sieht das jedoch anders. Auch grüne Schulden seien Schulden, so ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel jüngst.
Das Sparen bei Investitionen im Kampf gegen die Klimakrise dürfe „auf keinen Fall passieren“, betonte Schwarz. Für „Investitionen, die in die Zukunft gerichtet sind“ wie etwa für Infrastruktur für erneuerbare Energien, müsste man jetzt Schulden aufnehmen. Die EU will bis 2030 mindestens 55 Prozent weniger klimaschädliche Treibhausgase ausstoßen als 1990 und bis 2050 klimaneutral werden.
Bei der Frage nach der Definition von „grünen Investitionen“ könnte nach Vorstellung von Schwarz die „Logik“ der Corona-Wiederaufbaupläne hergenommen werden, wo es eine „Art Mascherl“ für entsprechende Projekte gab. Die Pläne der einzelnen Staaten mussten mindestens 37 Prozent für Klimaschutzinvestitionen beinhalten, kontrolliert wurde dies von der EU-Kommission.
Schwarz sieht eine Ausnahme von „grünen Investitionen“ aus den Schuldenregeln auch als Motivation für die EU-Staaten, um aus der Abhängigkeit von Kohle, Öl und Gas herauszukommen, und „dazu sind große, öffentliche Mittel notwendig“. Laut EU-Kommission wird der öffentliche und private Investitionsbedarf beim Klimaschutz und der Digitalisierung bis 2030 auf fast 650 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt.
Überzeugungsarbeit müssten die Grünen noch beim Koalitionspartner leisten. „Wenn ein bestimmtes Schuldenniveau überschritten ist, dann werden die Märkte einfach sagen, dieses Land bekommt kein Geld mehr, weil ich nicht weiß, ob ich es zurückbekomme, völlig egal wofür ich es ausgegeben habe“, sagte Blümel zuletzt auf die Frage nach „grünen Schulden“.
„Das Verhaften in braunen, fossilen Technologien ist eine wesentlich höhere Hypothek für die Staaten“, argumentierte Schwarz dagegen. „Wenn ich Schulden mache, muss das irgendwer zurückzahlen“, bei budgetären finanziellen Schulden gebe es zumindest einen Gläubiger, „während, wenn der Planet ruiniert ist, gibt es niemanden, der das Geld hat“, so der Grüne. Mit dem Koalitionspartner sei man „im Gespräch, ich hoffe, dass wir uns auf eine gemeinsame Position einigen“, sagte Schwarz mit Verweis auf das Regierungsprogramm. Dort gebe es ein Bekenntnis zum Schuldenabbau, unabhängig davon müssten aber Klima- und Zukunftsinvestitionen sichergestellt werden.
Die Debatte um die Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakt hat in den vergangenen Monaten in der EU an Fahrt aufgenommen und droht, sie zu entzweien: Während eine Gruppe „sparsamer“ Länder, darunter auch Österreich, den „Abbau exzessiver Schulden“ fordern, setzen sich andere Staaten wie Frankreich für eine Lockerung der „Maastricht-Kriterien“ ein. Anfang kommenden Jahres will die EU-Kommission einen Leitfaden präsentieren. Die reformierten Regeln sollen ab 2023 greifen.
In der Corona-Krise hatte die EU die Regeln ausgesetzt, um milliardenschwere Hilfen für die Wirtschaft zu ermöglichen. Die Gesamtschulden der Euro-Länder waren in der Pandemie im Schnitt auf fast hundert Prozent der Wirtschaftsleistung angewachsen. Der Stabilitätspakt erlaubt den Mitgliedstaaten höchstens 60 Prozent und eine jährliche Neuverschuldung von maximal drei Prozent.
APA