OMV schließt Borealis-Übernahme ab, hält nun 75 Prozent

29. Oktober 2020, Wien
Rainer Seele spricht von einem Meilenstein
 - Wien, APA

OMV-Chef Rainer Seele hat den Kaufpreis für Borealis als angemessen verteidigt, es handle sich um eine „faire Transaktion“, sagte Seele bei der Online-Präsentation der Ergebniszahlen für das dritte Quartal. Die OMV hat heute ihre Borealis-Beteiligung von 36 auf 75 Prozent erhöht und dafür netto 3,8 Mrd. Euro bezahlt – und zwar sofort den vollen Kaufpreis und nicht wie zuletzt vorgesehen in mehreren Raten.

„Wir haben ja so viel Cash. Wir haben ja 7,3 Milliarden Euro auf dem Konto liegen“, erklärte Seele im Gespräch mit der APA. „Dann haben wir noch dreieinhalb Milliarden an Kreditlinien, die wir ziehen könnten, wenn wir denn wollten.“ Der Free Cashflow habe sich heuer deutlich besser entwickelt als man beim Ausbruch der Coronakrise gedacht habe.

Mit den Ergebniszahlen für das dritte Quartal 2020 hat die OMV heute einen Verschuldungsgrad (Gearing) von 11 Prozent ausgewiesen – darin ist aber noch nicht die Zahlung beim Closing des Borealis-Deals enthalten. „Wir haben aber sehr starkes Vertrauen darin, dass wir die Entschuldung sehr schnell hinbekommen.“ Allein durch den Verkauf der Gas Connect Austria (GCA) an den Verbund werde man in ein paar Monaten die Schulden um 570 Mio. Euro reduzieren, „das sind 15 Prozent des Kaufpreises“. Langfristig werde wie schon in der Vergangenheit ein Verschuldungsgrad von rund 30 Prozent angestrebt.

Auch für das Tankstellennetz in Deutschland habe man zwei verbindliche Angebote und rechne mit dem Abschluss der Verhandlungen und der Unterzeichnung des Kaufvertrages noch in diesem Jahr.

Trotz der guten Cashposition werde man eine Akquisition in der nächsten Zeit nicht einmal andenken, sagte Seele, „sondern ganz fleißig weitere Devestitionen machen von nicht strategischen Aktivitäten“. Neben den deutschen Tankstellen habe man noch die Ölproduktion in Kasachstan, dieses Verkaufsprogramm werde man noch heuer abarbeiten. Abhängig vom Geschäftsverlauf im vierten Quartal werde man dann über weitere Verkäufe nachdenken

Durch die Aufstockung von 36 auf 75 Prozent bei der Borealis erwerbe die OMV eine kontrollierende Mehrheit und könne das Synergiepotenzial der beiden Unternehmen heben, erklärte Seele. Außerdem partizipiere man mehr am Cashflow und an den Dividenden. Durch den Kauf werde die OMV um ein Drittel wachsen: Die OMV mache 20 bis 25 Mrd. Euro Jahresumsatz, Borealis komme etwa auf 10 Mrd. Euro und werde heuer einen operativen Cashflow von 1,1 Mrd. Euro erwirtschaften.

Bei der Bewertung und Ermittlung des Kaufpreises dürfe man nicht nur eine Momentaufnahme machen, sondern der Businessplan bilde auch künftige Erträge ab, gab Seele zu bedenken.

Das angesprochene Synergiepotenzial von OMV und Borealis betreffe z.B. Optimierungen von Produktionsverfahren oder günstigere Preise beim Einkauf durch größere Einkaufsmengen. „Die OMV verfolgt gemeinsam mit der Borealis ein Kostensenkungsprogramm und nicht ein Personalabbau-Programm“, beruhigte Seele die Mitarbeiter.

Die Borealis hat ihren Hauptsitz in Wien, beschäftigt derzeit mehr als 6.800 Leute und ist in über 120 Ländern tätig.

APA