Trotz einer Warnung der Internationalen Energieagentur finanzieren Europas Banken noch immer neue Projekte zur Öl- und Gasförderung. 55 Milliarden Dollar flossen im Vorjahr in die Förderung fossiler Energie.
Will die Welt es schaffen, bis Mitte des Jahrhunderts das Ziel der Netto-null-Emissionen zu erreichen, muss zügig gehandelt werden. Raus aus den Investitionen in Öl-, Gas- und Kohleversorgungsprojekte – so steht es auf der Agenda vieler Fondshäuser und Banken, die hier als Investoren oder Kreditgeber fungieren. Auch die Internationale Energieagentur (IEA) wies zuletzt wieder deutlich darauf hin, dass keine neuen Gelder in solche Projekte fließen sollten. Ohne Eindämmung fossiler Brennstoffe werde das Ziel des Pariser Klimaabkommens nicht zu erreichen sein, heißt es.
Doch ein abrupter Stopp neuer Öl- und Gasprojekte ist nicht in Sicht. Europäische Banken haben im Vorjahr Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt, um die Öl- und Gasförderung auszuweiten, wie ein aktueller Bericht zeigt. Konkret haben im Vorjahr 25 der führenden Banken Europas zusammen 55 Milliarden Dollar für Energieunternehmen bereitgestellt, die die Ausweitung der Öl- und Gasproduktion planen, berichtet Share Action, eine gemeinnützige Organisation für verantwortungsvolles Investieren, in dem Bericht. Obwohl das einen Rückgang gegenüber den 106 Milliarden Dollar des Jahres 2020 und den 83 Milliarden des Jahres 2019 darstellt, war der Betrag höher als die 49 Milliarden bzw. 50 Milliarden in den Jahren 2018 und 2017.
Die Finanzierung erfolgt, obwohl 24 der Banken selbst zugesagt haben, ihre Kreditportfolios zu dekarbonisieren, heißt es in dem Bericht. Zu den größten Finanzierern gehörten demnach im Vorjahr die HSBC, Barclays und die BNP Paribas.
Share Action fordert daher die Investoren auf, von den Banken die Umsetzung von Richtlinien zur Beschränkung der Finanzierung der Öl- und Gasexpansion und die Unterstützung klimabezogener Aktionärsbeschlüsse in der kommenden Saison für die Jahreshauptversammlungen zu fordern.
„Vergangenes Jahr haben die Aktionäre entscheidend dazu beigetragen, die Banken dazu zu drängen, Beschränkungen für die Kohlefinanzierung einzuführen oder zu verstärken“, sagt Kelly Shields, Senior Officer für Banking Standards bei Share Action. „In diesem Jahr müssen sie diesen Erfolg mit der Öl- und Gasexpansion wiederholen.“
Ziele werden formuliert
Ein HSBC-Sprecher erklärt, dass die Bank zusammen mit ihren Kunden an der Energiewende arbeite und wissenschaftlich fundierte Ziele veröffentlichen werde, wie die Öl- und Gasfinanzierung an den Zielen und Zeitplänen des Pariser Klimaschutzabkommens ausgerichtet werden könne.
Ein Sprecher von Barclays sagte, das Institut strebe auch an, seine Finanzierung an das 2015 erzielte globale Klimaabkommen anzupassen, und habe sich das Ziel gesetzt, die finanzierten Emissionen seiner Kunden im Energiesektor bis zum Jahr 2025 um 15 Prozent absolut zu reduzieren. (Reuters, bpf)
Der Standard