Regierung erhebt Einspruch gegen burgenländische Raumplanung

10. Feber 2021, Eisenstadt
Abgabe für Windkraft im Burgenland stößt auf Kritik
 - Ochsenwang, dpa

Die Bundesregierung hat in der Ministerratssitzung Einspruch gegen die im Dezember beschlossene Novelle des burgenländischen Raumplanungsgesetzes erhoben. Begründet wird dies im der APA vorliegenden Ministerratsvortrag mit der Gefährdung von Bundesinteressen durch die Windkraft- und Photovoltaikabgabe. Die SPÖ Burgenland arbeitet an einer neuen Lösung. Staatssekretär Magnus Brunner (ÖVP) kritisierte Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ).

Das burgenländische Raumplanungsgesetz sieht eine Windkraft- und Photovoltaikabgabe „als Ausgleich für die durch Photovoltaikanlagen (…) und durch Windkraftanlagen bewirkte Belastung des Landschaftsbildes“ vor. Diese neue Abgabe wirke kontraproduktiv für die Errichtung und den Betrieb von Windkraft- und Photovoltaikanlagen auf Freiflächen und stehe damit „im starken Gegensatz“ zum aktuellen Regierungsprogramm. Dieses hat zum Ziel, die Stromversorgung bis 2030 auf 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energieträgern umzustellen.

Der Staatssekretär im Klimaministerium, Magnus Brunner (ÖVP) erklärte in einer Stellungnahme gegenüber der APA: „Ein Blankoscheck für Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) ist inakzeptabel.“ Der Plan, Photovoltaik- und Windkraftanlagen willkürlich Gebühren aufzuerlegen, deren Höhe völlig unbekannt sei und jederzeit einseitig erhöht werden können, sei ein „völlig falscher Weg“. Damit würde das Ziel, 2030 100 Prozent sauberen Strom zu produzieren, behindert. „Offensichtlich will das Land durch die Einführung der neuen Abgabe auf dem Rücken der Unternehmen, die zur Energiewende beitragen wollen, die Landeskassen füllen“, so Brunner weiter. Doskozils „energiepolitische Alleingänge“ seien nicht zielführend, meinte der Staatssekretär.

Die Novelle des Raumplanungsgesetzes ist schon vor dem Beschluss durch den Landtag im Dezember auf Kritik gestoßen. Unter anderem wegen der darin enthaltenen Abgabe, die nun auch von der Bundesregierung beanstandet wurde. Sie wird per Verordnung durch die Landesregierung festgelegt.

Infrastrukturlandesrat Heinrich Dorner (SPÖ) kritisierte am Mittwoch in einer Aussendung Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), dieser stürze die Gemeinden in finanzielles Chaos und Rechtsunsicherheit. Den Einspruch wertete Dorner als „unfreundlichen Akt gegenüber dem Burgenland und ganz schlechten politischen Stil“. Bisher habe wie in anderen Bundesländern bei Zahlungen der Photovoltaik- und Windkraftbetreibern ein rechtlicher Graubereich geherrscht: „Die Bundesregierung fährt dem Burgenland bei seinem Vorhaben, rechtliche Klarheit zu schaffen, in die Parade“, stellte Dorner fest. Laut seinen Angaben gehe es um einen jährlichen einstelligen Millionenbetrag.

Der Landesrat geht davon aus, dass Windanlagenbetreiber vor diesem Hintergrund etwaige bisherige Zahlungen an die Gemeinden überprüfen werden. Er kritisierte auch die Vorgangsweise der türkis-grünen Regierung: „Am letzten Tag, an dem ein Einspruch möglich ist, geht die Bundesregierung an die Öffentlichkeit und verkündet Schritte gegen das Burgenland. Das ist in dieser Form einzigartig.“ Offenbar wolle sie von der „massiven Regierungskrise“ ablenken. Dorner wies weiters darauf hin, dass die Novelle von Ende Oktober bis Ende November in Begutachtung war und seitens des Bundes dabei keine inhaltliche Kritik geübt worden sei. „Aus unserer Sicht ist diese Neuregelung der Zahlungen an die Gemeinden europarechtlich auf jeden Fall zulässig. Diese Möglichkeit ist in der Bundesverfassung vorgesehen und vom sogenannten Abgabenfindungsrecht der Länder umfasst.“ Er kündigte an, dass mit Hochdruck an einer neuen Lösung gearbeitet werde.

Der Landtag könnte nun den Gesetzesbeschluss wiederholen und wenn die Bundesregierung ihren Einspruch dann nicht zurückzieht, entscheidet ein Ausschuss bestehend aus je 13 Mitgliedern des Nationalrats und des Bundesrats.

Der burgenländische SPÖ-Klubchef Robert Hergovich erklärte dazu am Mittwoch gegenüber Journalisten, man werde die Sache prüfen. Er selbst sei heute Morgen über den Einspruch informiert worden und kenne die Argumentation der Regierung noch nicht. „Wir werden das anschauen und prüfen, ob es ein Zeichen gegen das Burgenland ist oder ob inhaltlich etwas zu verändern ist“, so Hergovich am Rande des Commerzialbank-U-Ausschusses. Die ÖVP hingegen fühlte sich von dem Einspruch bestätigt, hatte sie die Novelle doch schon im Vorfeld wiederholt kritisiert. Klubchef Markus Ulram meinte gegenüber der APA aber, dass dies nur ein Punkt sei. Für „verfassungsrechtlich schwer bedenklich“ hält er etwa die ebenso darin enthaltene Baulandsteuer: „Wir werden uns das anschauen und weiter dagegen ankämpfen.“

FPÖ und Grüne sahen sich ebenfalls in ihrer Kritik an der Novelle bestätigt. Grünen-Klubobfrau Regina Petrik forderte in einer Aussendung „echte Parteienverhandlungen“. FPÖ-Landesparteiobmann Alexander Petschnig bekräftigte die Ankündigung, eine Verfassungsklage beim VfGH zu erwirken: „Dieses Gesetz ist so keinesfalls akzeptabel.“

Im Ministerratsvortrag heißt es, um den Anteil an erneuerbaren Energien zu steigern, müssten die vorhandenen Restpotenziale stark ausgenutzt werden, daher seien im Ökostromgesetz sowie im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzespaket Betriebs- und Investitionsförderungen vorgesehen. Der bisherige Ausbau der Windkraft sei fast ausschließlich im Landesosten erfolgt. Künftig sollen aber auch „neue“ Bundesländer und Standorte windkraftmäßig erschlossen werden. Neue nach rein regionalgeografischen Gesichtspunkten definierte Kostenfaktoren würden die Konzeption eines Standort-Differenzierungsmodells deutlich erschweren und hätte negative Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit und die Investitionsbereitschaft. Die Situation bei der Photovoltaik gestalte sich ähnlich.

Neue Förderansätze, die eine gleichmäßigere regionale Verteilung der Standorte unterstützen und so für Akzeptanz in der Bevölkerung sorgen sollen, dürften nicht durch neue regionale Abgaben konterkariert werden. Generell würde daher der Anreiz durch die bestehenden und geplanten Fördermodelle durch eine zusätzliche Abgabe reduziert und die Förderlandschaft komplizierter werden. Dies hätte zur Folge, dass entweder weniger Projekte realisiert werden oder die Förderungen müssten erhöht werden – und diese wiederum wäre von den Verbrauchern zu finanzieren. Die Abgabe stehe somit „im starken Widerspruch“ zur Gesetzgebung des Bundes. Befürchtet wird auch, dass dieser Widerspruch die Akzeptanz für den erneuerbaren Ausbau sinkt.

Außerdem dürfte das Gesetz das Determinierungsgebot verletzen, denn es ermächtigt die burgenländische Landesregierung, die Höhe der Abgabe durch Verordnung festzusetzen. Im Ministerratsvortrag wird allerdings darauf hingewiesen, dass Verordnungen lediglich präzisieren können, was im Wesentlichen in einem Gesetz vorgezeichnet wurde. Das Gesetz enthalte aber keine Regelung über die Höhe der Abgabe, sondern delegiere diese ohne jede Vorgabe an den Verordnungsgeber.

APA