Gasembargo würde Österreichs BIP stark abstürzen lassen

5. Mai 2022, Wien/Kiew (Kyjiw)/Moskau

Ein rasch in Kraft gesetztes Gasembargo gegenüber Russland könnte Österreichs Wirtschaftsleistung im laufenden Jahr im schlimmsten Fall um bis zu 4,5 Prozentpunkte einbrechen lassen. Dies würde 17 Mrd. Euro Schaden und annähernd 80.000 zusätzliche Arbeitslose bedeuten, hat die wirtschaftsliberale Denkfabrik Agenda Austria errechnet. Laut einem mittleren Szenario würde das BIP heuer um 2,4 Prozentpunkte sinken, in einer optimistischen Annahme um lediglich 1,5 Prozentpunkte.

Laut den ersten beiden genannten Szenarien würde die heimische Wirtschaft heuer in eine Rezession stürzen. Doch selbst bei der optimistischsten Annahme würde das Bruttoinlandsprodukt um 5,6 Mrd. Euro zurückgehen, und es seien vermutlich circa 25.000 Arbeitsplätze in Gefahr, heißt es. Könnte nur die Hälfte des Gases ersetzt werden, verlieren laut Agenda Austria 40.000 Menschen den Job, und der Einbruch der Wirtschaftsleistung würde 9 Mrd. Euro ausmachen.

Die Berechnungen stehen unter der Annahme, dass die Erdgaslieferungen noch im Mai gestoppt werden – Österreichs Gasbedarf wird zu 80 Prozent durch russisches Gas gedeckt. Bei einem Stopp noch im Mai wären 60 Prozent des Jahresverbrauchs betroffen. Im besten Fall gelinge es der EU, zwei Drittel des Einbruchs zu kompensieren, womit Österreich nur auf etwa 15 Prozent der Gesamtmenge verzichten müsse, heißt es. Im schlechtesten Fall misslinge der Ersatz fast vollständig, und Österreich könne dann 40 Prozent seines jährlichen Gasbedarfs nicht decken.

Die schwerste Last eines Gasembargos müsste die Industrie tragen, so die Agenda-Austria-Ökonomen Marcell Göttert und Jan Kluge. Papier- und Metallerzeugung sowie Chemie wären in einem ersten Schritt unter den Hauptbetroffenen. Wo Erdgas als Vorprodukt eingesetzt wird, könnte es gar nicht ersetzt werden – etwa in Teilen der Düngemittelproduktion. Andere Branchen könnten Gas zwar kompensieren, aber nur mit erheblichem Aufwand und nicht sofort. Wenig betroffen wäre zumindest anfangs der Dienstleistungssektor. Auch dort seien jedoch über Zweitrundeneffekte empfindliche Einbrüche zu erwarten.

Der staatliche Verteilungsmechanismus würde Privathausalte und Energiesektor bevorzugt behandeln. Doch auch in diesen Bereich hätte ein Gasboykott indirekt massive Auswirkungen, auch durch noch einmal stark steigende Preise.

Die Regierung müsse nun sofort ihre Notfallpläne überprüfen und aktualisieren, um bei Bedarf handlungsfähig zu sein, empfehlen die Autoren. Mittelfristig werde an einer deutlichen Reduktion des Gasbedarfs kein Weg vorbeiführen.

APA

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