Das Management von Klimarisiken kommt in der Finanzbranche nach wie vor zu kurz. Zwar herrscht mittlerweile ein breites Verständnis dafür, dass auch Klimarisiken bei Investitionen mitberücksichtigt werden müssen und nach Meinung von Experten würde die Verpflichtung zum Risikomanagement auch diese Art von Risiken umfassen. In die Tat umgesetzt hat das bisher jedoch nur eine Minderheit der Finanzmarktakteure.
Das zeigte eine am Donnerstag präsentierte Studie des Umweltbundesamtes im Auftrag des Umweltministeriums. So ergab eine Umfrage aus dem Jahr 2018 im Rahmen der Studie, dass zwar 100 Prozent der mehr als 200 befragten Akteure aus dem Finanzsektor es für notwendig halten, Klimarisiken proaktiv zu managen, aber weniger als 35 Prozent der Befragten dies auch systematisch tun.
„Es gibt eine riesige Lücke zwischen Wissen und tatsächlichem Handeln“, sagte Natalie Glas, Leiterin des Green Finance Teams beim Umweltbundesamt. Auch das Commitment in der Führungsebene sei noch nicht sehr stark ausgeprägt. Bei der Umfrage gaben nur 30 Prozent aller Befragten an, dass sich Vorstände und Aufsichtsräte für das Management von Klimarisiken engagieren würden. Das bedeute aber im Umkehrschluss auch, dass 70 Prozent der Aufsichtsräte und Vorstände sich nicht dafür interessieren, so Glas.
Zudem finden laut der Befragung weniger als 12 Prozent, dass Vermögensverwalter aufgrund der bestehenden Gesetzgebung verpflichtet sind, Klimarisiken zu berücksichtigen. Dem widersprach jedoch am Donnerstag der Rechtsanwalt Reinhard Schanda aus der Kanzler Sattler&Schanda, demzufolge die Verpflichtung zum Risikomanagement auch für Klimarisiken gilt.
Die Ergebnisse der Umfrage spiegeln sich auch in der heimischen Fondslandschaft wieder. Laut der Studie weisen Fonds österreichischer Vermögensverwalter im Vergleich mit europäischen und internationalen Benchmarks deutlich höhere Treibhausgasexpositionen auf und sind stärker in Klimanachzügler-Unternehmen investiert, so Maximilian Horster von ISS ESG. Die Betrachtung in der Studie sei aber nur ein „Schnappschuss“, betonte Horster, bei dem man nicht sieht, wie sich die Branche seit der Analyse transformiert hat.
Neben der Schere zwischen Wissen und Handeln ergeben sich auch aus einer mangelnden Transparenz und Vergleichbarkeit, fehlenden Anreizen, unzureichender Bepreisung von CO2 und mangelndem Wissen zur Implementierung der Klimarisiken Herausforderungen für die Branche, stellt die Studie fest. Erst im Juli dieses Jahres hatte der Bankenverbandspräsident und Bank-Austria-Chef Robert Zadrazil den Wunsch nach klareren Regeln für Banken zum Thema grüne Finanzierung wieder ausgesprochen. Konkret ging es dabei um den „green supporting factor“, der vorsieht, dass Banken für grüne Kredite weniger Eigenkapital hinterlegen müssen.
Die Politik versucht diesen Rufen aus der Finanzbranche, die ein wesentlicher Hebel für die Erreichung der nationalen und EU-weiten Klimaziele ist, nachzukommen. „Wir sehen, dass hier Handlungsbedarf besteht“, so Michaela Seelig vom Umweltministerium. In der EU gibt es seit 2018 den Aktionsplan für nachhaltige Geldanlagen, bei dem unter anderem eine Taxonomie entwickelt wird, die klarstellen soll, welche Investitionen überhaupt als nachhaltig gelten.
In Österreich wurde in den vergangenen Monaten die Green Finance Agenda ausgearbeitet. Diese solle „in Kürze“ vorgestellt werden und ein „umfassender Katalog von Maßnahmen, Initiativen und Hebeln werden, um Investitionen umzudenken in grüne und zukunftsfähige Investitionen“, sagte Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Donnerstag.
Ob dieser Maßnahmenkatalog auch gesetzliche Verpflichtungen inklusive Sanktionen zur Integration von Klimarisiken beinhaltet, blieb offen. Durch die gemeinsam mit dem Finanzministerium initiierte Green Finance Agenda wolle die Regierung jedenfalls „Rahmenbedingungen für den Finanzmarkt so setzen, dass Investitionen in grüne und nachhaltige Produkte die attraktivsten sind, die wir in Österreich machen können“, so Gewessler.
APA