Trotz Coronakrise hat die Wien Energie voriges Jahr einen Gewinnrekord erzielt. Operativ verdiente man in einem letztlich doch recht günstigen energiewirtschaftlichen Umfeld um zwei Drittel mehr. Der Jahresüberschuss stieg um fast vier Fünftel auf 360 Mio. Euro, und der Umsatz wuchs um ein Sechstel auf 1,95 Mrd. Euro. Die Wärmeproduktion und die Stromabgabe stagnierten, es sanken aber der Gasverkauf und die Stromeigenerzeugung. Stark ausgebaut werden soll die Photovoltaik.
„Die Delle war nicht sehr nachhaltig“, freute sich Wien-Energie-Chef Michael Strebl am Dienstag – anders als noch vor einem Jahr im ersten Lockdown für 2020 befürchtet worden war. Geholfen haben rasch erholte Gas- und Stromgroßhandelspreise sowie CO2-Notierungen. Auch diverse Sonder- und Bewertungseffekte etwa bei Kraftwerken seien in den guten Ergebnissen enthalten, teils seien die aber nur einmalig. Diese günstigen Bewertungen – bei Kraftwerken gemäß den IFRS-Regeln im wesentlichen die Differenz zwischen Gasein- und -verkauf – bezifferte Strebl im Onlinebilanzpressegespräch mit knapp unter 100 Mio. Euro.
Bei den Endkunden habe man Rückgänge zwischen fünf und sechs Prozent bei Strom und Gas verzeichnet, weniger als ursprünglich befürchtet, sagte Strebl. Als größter regionaler Energieanbieter in Österreich versorgt die Wiener-Stadtwerke-Tochter zwei Millionen Menschen sowie 230.000 Gewerbe- und Industrieanlagen in und um Wien mit Strom, Erdgas, Wärme, Fernkälte und Energiedienstleistungen.
Die Umsatzerlöse stiegen um 16,1 Prozent auf 1,948 Mrd. Euro – in erster Linie wegen höherer Erlöse aus Gasverkäufen, während die Stromerlöse wegen geringerer Engpassmanagement-Abrufe zurückgingen. Die Wärmeerlöse sanken wegen der tieferen Gaspreise und davon abhängigen Fernwärmetarife. Hätte man noch wie früher nach UGB bilanziert, wäre laut Strebl der Umsatz samt der laut IFRS nicht enthaltenen Wien Energie Vertrieb mit 2,5 Mrd. Euro um 600 Mio. höher gewesen. Die Eigenkapitalquote wurde auf 24,8 (16,0) Prozent verbessert, das Gearing (die Verschuldungsquote) von 151 Prozent laut UGB auf 138 Prozent laut IFRS gesenkt.
Beim operativen Ergebnis (EBIT) legte man um 64,8 Prozent auf 385,0 Mio. Euro zu. Diese deutliche Steigerung ist primär auf die Verwendung bzw. Auflösung einer Drohverlustrückstellung für ein ausländisches Strombezugsrecht sowie einen höheren spezifischen Clean Spark Spread (ein emissionsorientierter Faktor) zurückzuführen, heißt es. Dank einem etwas weniger stark negativen Finanzergebnis von -21,6 (-30,7) Mio. Euro wuchs das Vorsteuerergebnis um 79,1 Prozent auf 363,5 Mio. Euro, und der Jahresüberschuss kletterte um 77,8 Prozent auf 360,0 Mio. Euro.
Mit dem „besten Ergebnis der Wien Energie, das wir je abgeliefert haben“, sei man „gut gerüstet“ für die anstehenden Investitionen, speziell im Klimabereich, betonte Strebl. Insgesamt wolle man in den nächsten fünf Jahren 1,25 Mrd. Euro investieren, allein für den Klimaschutz nehme man mehr als eine Milliarde in die Hand. Mit der „Klima-Milliarde“ bis 2026 wolle man wesentliche Meilensteine für ein CO2-neutrales Wien 2040 setzen. 400 Mio. Euro seien für den Ausbau erneuerbaren Stroms gedacht, 400 Mio. Euro für die Wärmewende, 200 Mio. Euro für Digitalisierung und 250 Mio. Euro für die Versorgungssicherheit.
Die Wien Energie als größter PV-Stromerzeuger Österreichs wolle hier und auch bei der Windkraft weiter wachsen. Bis zum Jahr 2030 will das Unternehmen laut Geschäftsführer Karl Gruber die installierte Photovoltaik-Leistung auf 600 Megawatt (MW) steigern. Ende 2020 lag sie bei 60 MW, aktuell dürften es 72 MW sein. Auch um Wasserkraft bemühe man sich, falls das noch möglich sei. Voriges Jahr habe man bereits rund 490.000 Wiener Haushalte, etwa „die halbe Stadt“, mit Ökostrom versorgen können, so Gruber.
Bei Strom stagnierte der Absatz der Wien Energie GmbH voriges Jahr bei 9.453 Gigawattstunden (GWh), ein Plus von 0,3 Prozent, bei Gas sank der Absatz um 4,5 Prozent auf 5.392 GWh, bei Fernwärme wuchs er um 1,9 Prozent auf 5.960 GWh. Getrieben wurde der Fernwärmeabsatz durch im Schnitt geringere Außentemperaturen. Gedeckt wurde der Mehrbedarf durch gesteigerte Wärmeauskopplung aus den KWK-Anlagen, dem wieder in Betrieb gegangenen Biomassekraftwerk und Wärmepumpen. Insgesamt ging der Absatz damit um 0,6 Prozent auf 20.804 GWh zurück.
Die Erzeugung (ebenfalls samt maßgeblichen Beteiligungen) schrumpfte bei Strom um 7,4 Prozent auf 6.850 GWh, für Gruber Ausdruck des gesamtwirtschaftlichen Strombedarfsrückgangs. Davon waren 1.227 GWh Ökostrom (816 GWh aus Wasserkraft, 295 GWh aus Windkraft, 85 GWh aus Biomasse und 31 GWh aus PV). Die kalorische Stromerzeugung ging wegen der geringeren Engpass-Abrufe um 9,5 Prozent auf 5.623 GWh zurück.
Wie der neue Vertrag zur Netzreserve ab September aussieht, weiß man noch nicht genau, bis dahin hat sich die Wien Energie zu 1.550 MW Reserveleistung verpflichtet. 2019 wurde die Gas-Kombi-Leistung vom Netzbetreiber APG noch 220 mal abgerufen, voriges Jahr nur einige Dutzend Mal. Bei Wärme stieg die Erzeugung der Wien Energie voriges Jahr um 2,3 Prozent auf 5.394 GWh. Die Erzeugung insgesamt sank um 3,4 Prozent auf 12.244 GWh.
Die E-Mobilität will die Wien Energie weiter vorantreiben. Das Ziel, bis August 1.000 Ladestellen zu errichten, werde man trotz Corona deutlich vor dieser Frist schaffen, zeigte sich Strebl überzeugt. Die Nutzung der Ladestellen steige – innerhalb des Gürtels sei sie besonders gut, außerhalb des Gürtels nicht ganz so gut.
Der Personalstand der Wien Energie blieb mit 2.167 (2.185) fast gleich.
APA