Die nach langem Ringen erzielte Einigung von Union und SPD auf ein Klimaschutzpaket stößt auf ein geteiltes Echo. Es gebe nur „ein paar kleine Förderprogramme“ statt „grundsätzlicher Reformen“, kritisierte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter am Dienstag in Berlin. Auch die SPD zeigte sich mit einigen Punkten unzufrieden, wertete den Kompromiss zu Klimaschutzgesetz und Ökostrom-Ausbau aber gleichwohl insgesamt als Erfolg.
Das neue Klimaschutzgesetz und weitere Regelungen vor allem zu erneuerbaren Energien sollen nun am Donnerstag vom Bundestag beschlossen werden. Enthalten sind die Verschärfung der CO2-Emissionsziele für 2030 auf minus 65 Prozent verglichen mit 1990 und auf minus 88 Prozent für 2040 sowie Treibhausgasneutralität bis spätestens 2045.
Zum Ökostrom wurde laut einem noch inoffiziellen Papier vereinbart, für das kommende Jahr die Ausschreibungsmengen für neue Windkraftanlagen an Land um 1,1 Gigawatt auf vier Gigawatt und für Solaranlagen um 4,1 Gigawatt auf sechs Gigawatt anzuheben werden. Erleichtert werden soll auch das Repowering vorhandener Anlagen. So sollen in Genehmigungsverfahren bestehende Belastungen durch die Altanlage mit berücksichtigt werden.
Vereinfacht werden sollen auch Regelungen für neue Photovoltaikanlagen „im agrarwirtschaftlichen Bereich“ sowie für Stromspeicher. Kommunen sollen sich leichter an Solaranlagen beteiligen können. Regenerativ erzeugter Wasserstoff soll von der EEG-Umlage befreit werden. Besonders kleine und mittlere Unternehmen werden beim Emissionshandel entlastet.
All dies bedeute „mehr Verlässlichkeit beim Ausbau erneuerbarer Energien“, sagte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) verwies in RTL und n-tv auf konkrete Fortschritte etwa beim Austausch klimaschädlicher Ölheizungen, räumte aber auch ein: „Wir könnten noch viel mehr tun.“
SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch bedauerte allerdings, dass keine Einigung über verbindliche Flächenzusagen für Windkraft gelungen sei. Er sprach aber immerhin von einer „Brücke“ in die nächste Legislaturperiode durch den Kompromiss für einen schnelleren Ausbau von Solar- und Windkraft. Scharfe Kritik kam von der SPD, weil die Union Entlastungen für Mieterinnen und Mieter bei Zusatzkosten durch den CO2-Preis ablehnte.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt verwies auf das schon länger geplante Acht-Milliarden-Programm für mehr Klimaschutz vor allem in den Bereichen Wohnen und Verkehr. Dieses soll am Mittwoch vom Kabinett in der Haushaltsplanung der Regierung verankert werden.
„Die Koalition steckt den Kurs in Richtung Klimaneutralität 2045 ab“, erklärte Unions-Fraktionsvize Stephan Stracke (CSU) zu der Koalitionseinigung. Mit dem neuen Klimaschutzgesetz setze sich Deutschland „überaus ambitionierte Klimaziele“, hob er hervor.
Hofreiter wertete den Beschluss von Union und SPD als weiteren Beleg für „das Scheitern der großen Koalition beim Klimaschutz“. Beim Ökostrom werde „weiter gestümpert“, die Verkehrswende „noch nicht einmal begonnen“. Von einer „Wahlkampf-Mogelpackung“, die für das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels nicht geeignet sei, sprach der Linken-Klimaexperte Lorenz Gösta Beutin.
Kritik kam auch von Sozial- und Umweltverbänden. Die Koalitionsbeschlüsse seien „klimapolitisch unambitioniert“, zudem fehle „jeglicher sozialer Ausgleich“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von BUND und Paritätischem Wohlfahrtsverband. Eine Strategie zur CO2-Bepreisung einschließlich eines sozialen Ausgleichs gebe es nicht, dafür aber Entlastungen nur für Unternehmen. Auf einen schnelleren Kohleausstieg und ein Enddatum für neue Verbrennungsmotoren drängte das Netzwerk Campact.
APA/ag