Netzbetreiber: noch offene Fragen bei Energiegemeinschaften

5. August 2021, Wien
Netzbetreiber wollen weitere Präzisierungen
 - Rotenburg, APA/dpa

Für die heimischen Stromnetz-Betreiber sind bei den künftigen neuen Energiegemeinschaften noch einige Fragen offen. Sie wollen durch die neuen Gemeinschaften, die auf lokaler Ebene ihren Photovoltaik-Strom bündeln werden, nicht zu zusätzlichen Netz-Investments gezwungen werden. Auch sehen sie noch Unklarheiten zur Frage der Geltung von Konsumentenschutzbestimmungen für deren Mitglieder, zur möglichen Rechtsform und auch dazu, ob sie der E-Control-Aufsicht unterliegen.

„Die Energiegemeinschaften sollen nicht Auslöser zusätzlicher Netz-Investitionen sein – und die Versorgungssicherheit darf durch die Integration dieser Gemeinschaften nicht leiden“, betonte Michael Haselauer von der Netz-Oberösterreich-Geschäftsführung am Donnerstag in einem Online-Pressegespräch. Grundsätzlich seien aber natürlich die Netzgesellschaften verantwortlich dafür, neue Trafo- oder Leitungskapazitäten zu schaffen, wenn irgendwo neue Einspeiser dazukommen.

Da die Energiegemeinschaften nicht auf Gewinn ausgerichtet sein sollen und ohne Beteiligung klassischer Energieversorger auskommen sollen, andererseits aber verschiedene Rechtsformen wie Verein, Genossenschaft, Personen- oder Kapitalgesellschaft haben könnte, sei fraglich „wie wird der Lastenausgleich bewerkstelligt, wenn das Geld knapp ist“, so Haselauer: „Ich gehe schon davon aus, dass das nicht friktionsfrei erfolgt.“ Derzeit werde das Gemeinschaftsthema „zu euphorisch“ diskutiert, die Probleme würden dann in der Praxis erkennbar sein.

Der massive Erneuerbaren-Ausbau wird die Netzbetreiber zweifellos vor große Herausforderungen stellen. Bis zum Jahr 2030 sollen ja zu den derzeit jährlich rund 70 Terawattstunden (TWh) Stromverbrauch in Österreich etwa 27 TWh an Erzeugungskapazität dazukommen – plus 48 Prozent gegenüber den aktuellen 56 TWh -, in erster Linie Elektrizität aus der stark schwankenden PV und der Windkraft. Allerdings stehe eine Stromerzeugung aus Windkraft nur rund 2.500 bis 2.600 Volllaststunden im Jahr zur Verfügung, PV nur etwa 950 bis 1.100 Stunden, während der Kunde 8.760 Stunden im Jahr Strom benötige, so das Forum Versorgungssicherheit.

Bei Photovoltaik ist relativ gesehen der meiste Neubau nötig. Um das Ziel einer zu 100 Prozent erneuerbaren Stromproduktion bis 2030 zu erreichen, sollen bei der Wasserkraft 12 Prozent dazukommen (+5 TWh) – hier ist das Potenzial überwiegend genutzt -, bei Windkraft 182 Prozent (+10 TWh), bei PV aber 1.000 Prozent, was gut einer Verzehnfachung entspräche (+11 TWh). Bei Biogenen Brennstoffen wären es plus 18 Prozent (+1 TWh).

Angesichts von mehr E-Mobilität etc. sei ein Speicher-Konzept nötig, um nicht nur die Tagesschwankungen, sondern auch die saisonalen Schwankungen übers Jahr ausgleichen zu können, sagte Haselauer. Der erste Schritt sei, mehr Erneuerbaren-Erzeugung mit einer Durchgängigkeit der Versorgung zu gewährleisten.

Als Speichermöglichkeiten sei vor allem an Saisonspeicher zu denken, das könnten klassische Batteriespeicher auf Galvanik-Basis oder elektrolytische Speicher sein. „Wie bringe ich den PV-Strom aus dem Sommer in den Winter“, laute die zentrale Frage. Der Sommer-Stromüberschuss sollte mit Elektrolyse in Wasserstoff (H2) umgewandelt und ins Gasnetz gebracht zu werden, in einem zweiten Schritt könnte H2 einer Direktnutzung zugeführt werden. „Beimischung statt Direktnutzung“ sei hier der falsche Ansatz, denn wenn es noch weniger H2 gebe, werde man um eine Beimischung nicht herumkommen. An eine Direktnutzung sei erst bei größeren Mengen zu denken.

APA