Die Stromnetzbetreiber freuen sich bereits auf die neuen Energiegemeinschaften auf lokaler Ebene. Diese hätten nämlich tendenziell positive Effekte für die Netze, weil durch eine Verbrauchsverlagerung ein physikalischer Abtransport von Stromüberschuss im Idealfall gar nicht nötig wird, sagte Netz-Niederösterreich-Chef Werner Hengst am Donnerstag. Ein Durchschnittshaushalt könne sich in einer solchen Gemeinschaft 50 bis 70 Euro im Jahr an Netzkosten und Abgaben ersparen.
Für Erneuerbare Energie-Gemeinschaften (EEG), wie sie seit kurzem möglich sind, gilt für die innerhalb der EEG erzeugten Energieanteile ein reduziertes Netzentgelt, weil das öffentliche Netz nur zum Teil beansprucht wird: „Die Netzbelastung kann lokal geringer gehalten werden und es gibt auch gewisse Flexibilitäten. Wir sehen diese Energiegemeinschaften sehr positiv und unterstützen sie sehr aktiv“, sagte Hengst vor Journalisten. Denn solche EEG sind nur im Gebiet innerhalb einer lokalen Trafostation möglich. Gehen sie darüber hinaus, also in den Mittelspannungsbereich, handelt es sich bereits um Bürgerenergiegemeinschaften (BEG). Diese wiederum dürfen, anders als EEG, ihren Strom auch anders als erneuerbar erzeugen.
Je lokaler die Energie verwendet wird, desto besser sei es für die Kunden – so laute die Message für Teilnehmer an Energiegemeinschaften. Dennoch könne die mögliche Ersparnis noch durch die Kosten für Restenergie und die interne Abrechnung angeknabbert werden. Denn der Mehrbedarf, der nicht innerhalb der EEG selbst erneuerbar produziert wird, muss – über das öffentliche Netz – von einem frei wählbaren Lieferanten bezogen werden. Eine EEG kann nur als Verein, Genossenschaft, Personen- oder Kapitalgesellschaften oder einer ähnlichen Vereinigung mit Rechtspersönlichkeit gegründet werden und muss mindestens zwei Mitglieder haben.
Bei einer Bürgerenergiegemeinschaft (BEG) gibt es dagegen keine lokale Einschränkung und es sind auch andere als erneuerbare Erzeugungsanlagen möglich, also auch zum Beispiel fossile Kraftwerke. Die Erzeugungsanlagen und die teilnehmenden Stromabnehmer können weit auseinanderliegen, auch in unterschiedlichen Bundesländern über ganz Österreich verstreut. Für die BEG gibt es daher keine vergünstigten Netztarife, sie sind rein virtuelle Rechenkonstrukte.
Durch die lokalen EEG komme es versorgungstechnisch zu keinen negativen Auswirkungen. Das sei kein Problem für die Netze oder Trafostationen, es handle sich um reine Verrechnungseinheiten, sagte Hengst in einer Online-Präsentation des Forum Versorgungssicherheit, einer gemeinsamen Plattform von fünf Netzgesellschaften (außer NÖ noch Wien, Burgenland, Linz und Oberösterreich).
Die EVN-Tochter Netz Niederösterreich GmbH versorgt laut Hengst derzeit 840.000 Zählpunkte, also Kunden, mit Strom. Und es seien in Niederösterreich bereits 50.000 Photovoltaik-Anlagen mit über 500 Megawatt (MW) PV-Leistung am Netz. „Ob es da auch noch Energiegemeinschaften gibt, hat versorgungstechnisch keine Auswirkungen“, betonte Geschäftsführer Hengst.
Derzeit können die Verteilernetzbetreiber nur EEG mit einer Erzeugungsanlage umsetzen. An der Realisierung komplexer EEG (viele Erzeugungsanlagen, viele Teilnehmern) sowie an den BEG wird laut Hengst gearbeitet. Diese will man ab dem dritten Quartal 2022 freischalten können.
APA