E-Wirtschaft gegen zu strenges Energieeffizienzgesetz

12. November 2021, Wien
Stromwirtschaft gegen überambitionierte Vorgaben
 - Pulheim, APA/dpa

Die heimische Elektrizitätswirtschaft will kein Energieeffizienzgesetz, das zu weit über die EU-Vorgaben hinausgeht. Das in Vorbereitung befindliche neue Gesetz sollte nicht zu überambitioniert sein und auch weniger bürokratisch als das jetzige, betonte der Präsident von Oesterreichs Energie, Verbund-Chef Michael Strugl, bei einer Diskussion. Man müsse vermeiden, durch zu hohe Zielsetzungen die Zielerreichung zu verfehlen.

Beim EEffG sollte man sich tunlichst an den europäischen Zielen orientieren und in erster Linie auf die sogenannten strategischen Maßnahmen setzen, da tue sich Österreich viel leichter. Denn steuerliche und Förderansätze seien sehr wirksam, meinte Strugl. Die Lieferantenverpflichtung sehe man dagegen kritisch, weil man beim bisherigen Gesetz gesehen habe, dass sich diese nicht unbedingt bewährt habe. Zudem wären praktikable Übergangsfristen zum neuen EEffG gut. Das Gesetz sei durchaus herausfordernd, offenbar komme es auch deshalb etwas verspätet.

Sektionschef Jürgen Schneider, Leiter der Klima- und Umweltschutz-Sektion im Nachhaltigkeitsministerium von Leonore Gewessler, hielt Strugl entgegen, dass es „nicht der richtige Weg“ sei, „gerade die Mindestanforderungen zu erfüllen“. „Wir wollen die 2040er Ziele erreichen und uns nicht am Mindestwettbewerb orientieren“, wies er auf die seitens Österreich schon in knapp zwei Jahrzehnten angepeilte Klimaneutralität hin, zehn Jahre früher als die EU.

Mit dem Gesetz solle „ein Markt für Energieeffizienz“ geschaffen werden, und es werde auch einen Energieeffizienz-Fonds geben, wobei nichts versickern werde, so Schneider. Dieser Fonds könnte Anreize für zielorientierte Innovationen setzen, hatte das Wifo in einer Analyse festgehalten. Es gebe zum Gesetz einen sehr weit gediehenen Entwurf, den die Koalition derzeit diskutiere

Neben dem EEffG wies Schneider auf ein Erneuerbaren-Wärme-Gesetz, ein Klimaschutzgesetz und auch einen neuen Strommarkt als weitere Vorhaben seines Ressorts hin – nachdem im Sommer das Erneuerbaren-Energie-Gesetz (EAG) vom Parlament verabschiedet wurde und der Einstieg in die CO2-Bepreisung 2022 starten soll. Die CO2-Bepreisung sei ein großer, wichtiger Schritt, weil es damit Kostenwahrheit für die bisher nicht vom CO2-Emissionshandel erfassten Sektoren gebe.

Ende 2024 werde die CO2-Bepreisung einer umfassenden Revision unterzogen – ehe ab 2026 ein Übergang auf die Marktphase vorgesehen sei. Je nachdem, was sich bis dahin europäisch tue, könnte für Mobilität und Gebäude laut EU-Kommissions-Vorschlag dann ein zweiter CO2-Emissionshandel geschaffen werden, oder man schaffe ein eigenes österreichisches System oder man verbinde sich mit dem deutschen System. Fossile Energien sollten ein Ablaufdatum haben. Ein zu 100 Prozent dekarbonisiertes System müsse mit weniger Energie auskommen.

Zum EAG wolle man die noch laufenden Gespräche mit der EU-Kommission zur Notifizierung möglichst bald abschließen, sagte Schneider. Dann werde es eventuell noch kleine Adaptierungen am Gesetz geben, dann die Verordnungen dazu. Zum Thema Marktprämien sei man seit vielen Wochen mit der EU-Kommission in engem Kontakt. Man wolle schnell die Voraussetzungen dafür schaffen, damit die E-Wirtschaft die Projekte zum Erneuerbaren-Ausbau auf den Weg bringen könne. Geplant ist ja bis zum Jahr 2030 ein Ausbau um 27 Terawattstunden (TWh) an erneuerbarer Erzeugung, etwa der jährliche Verbrauch Dänemarks, damit der österreichische Stromverbrauch dann – bilanziell über ein Jahr gesehen – zu 100 Prozent erneuerbar gedeckt werden kann.

Die E-Wirtschaft begrüße das EAG, weil es eine sehr gute Förderkulisse biete, sagte Strugl am Donnerstagabend beim Trendforum von Oesterreichs Energie: „Wir brauchen jede Kilowattstunde.“ Die Branche sei bereit zu investieren, damit die 2030er Ziele erreicht werden. Überlegen sollte man sich, ob man nicht Strom unter Dekarbonisierungsgesichtspunkten steuerlich entlasten könnte.

APA