Morawiecki setzt auf deutschen Kurswechsel bei Nord Stream 2

29. November 2021, Warschau/Berlin
Polens Ministerpräsident
 - Berlin, APA/dpa

Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki setzt darauf, dass die neue Bundesregierung einen Kurswechsel im Streit um die Gas-Pipeline Nord Stream 2 vollzieht. „Ich würde erwarten, dass die neue deutsche Regierung alles tut, um zu verhindern, dass Nord Stream 2 ein Instrument im Arsenal von Präsident Putin wird“, sagte er in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur.

Die Pipeline könne von Russland genutzt werden, um die Ukraine und Moldau zu erpressen und Energiepreise zu manipulieren, warnte er.

Der 1230 Kilometer lange Doppelstrang von Russland durch die Ostsee nach Deutschland ist zwar fertiggestellt, es fließt bislang aber noch kein Erdgas durch die Pipeline. In der vergangenen Woche setzte die Bundesnetzagentur ein nötiges Zertifizierungsverfahren vorerst aus.

Nord Stream 2 zählt zu den heikelsten Themen deutscher Außenpolitik. Die USA und osteuropäische EU-Staaten wie Polen und die baltischen Länder lehnen das Projekt mit der Begründung ab, Europa gerate dadurch in zu große Abhängigkeit von russischen Energielieferungen und mache sich erpressbar.

Morawiecki warf Russland vor, Energie quasi als Waffe gegen die Ukraine nutzen zu wollen. Die Ukraine sei auf russische Lieferungen von Öl, Gas und sogar Kohle angewiesen, sagte er. „Nach einigen Analysen kann russische Erpressung im Energiebereich zu einem Blackout in der Ukraine führen.“ Es bestehe das Potenzial für eine Energiekrise in der Ukraine.

In ihrem Koalitionsvertrag gehen SPD, Grüne und FDP nicht direkt auf das Thema ein. Es findet sich dort aber der Satz: „Für energiepolitische Projekte auch in Deutschland gilt das europäische Energierecht.“ Das kann nach Angaben von Verhandlern als Hinweis darauf verstanden werden, dass nach europäischem Recht der Betreiber der Pipeline vom Gasproduzenten getrennt werden müsse. Der Betreiber Nord Stream 2 AG ist eine Tochterfirma des russischen Gaskonzerns Gazprom.

Die Formulierung war vor allem den Grünen wichtig, die dem Projekt ablehnend gegenüber stehen. Aber auch die FDP ist skeptisch, die SPD dagegen deutlich offener. Die Pipeline kommt in dem von der SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig regierten Mecklenburg-Vorpommern an.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock, inzwischen designierte Außenministerin, hatte im Wahlkampf klare Kante gegen Nord Stream 2 gezeigt. „Ich halte diese Pipeline nach wie vor für falsch, aus klimapolitischen Gründen, aber vor allem auch geostrategisch“, sagte sie zum Beispiel im Juli in einem Interview.

Der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) betonte im Wahlkampf dagegen, dass Nord Stream ein wirtschaftliches Projekt sei. Er machte dennoch klar, dass eine Bedrohung der Ukraine durch Russland nicht ohne Folgen bleiben würde: „Die Beeinträchtigung des Gastransits und der Sicherheit der Ukraine hat Konsequenzen für den möglichen Transit durch die dann fertig gestellt Pipeline. Darüber muss geredet werden.“

APA/dpa

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