Gaskrise: Graz will Speichersee und Müllverbrennung

5. April 2022

Spektakuläre Pläne angesichts von Gaskrise und Klimawandel: Wie man im Raum Graz für alternative Wärme und Autonomie sorgen will.

Dass die Verantwortlichen in Graz spektakuläre Pläne schmieden, hat mit aktuellen Anlässen zu tun. Aber auch mit Herausforderungen, die schon lange in der schlechten Luft liegen: Also geht es angesichts der Gaskrise um Energieautonomie in der Zukunft – und parallel um das Reduzieren von Kohlenstoffemissionen.
Die Folge: Hinter den Kulissen sind jene Pläne schon weit fortgeschritten, die das Erschließen neuer Wärmequellen zum Ziel haben – unter anderem mit dem Verbrennen von Müllreststoffen in Graz und dem Anlegen eines Speichersees im Grazer Umland.

Neben dem städtischen Umweltamt und der Holding Graz, die hier im Auftrag der Stadtregierer die Ärmel hochkrempeln, sind federführend die Energie Graz und die Energie Steiermark involviert. Geplant sind unter anderem folgende Projekte:

Müllverbrennung: Derzeit wird Abfall in der Sturzgasse vorsortiert, zur Deponie nach Frohnleiten gebracht – „und dann zum Teil im Ausland verbrannt, ohne die Abwärme zu nutzen“, weiß Holding-Vorstandsvorsitzender Wolfgang Malik. Also überlegt man, die Verbrennung der Reststoffe gleich in Graz vorzunehmen. Damit würde man Kosten sowie eine siebenstellige Kilometerzahl einsparen, welche Müll-Lkw im Jahr zurücklegen. Aber im Gegenzug eine neue Luftbelastung ernten? Nein, betont man im Rathaus: In Graz liege die jährliche Feinstaubemission bei rund 300 Tonnen – eine Müllverbrennung in der Sturzgasse würde laut Berechnungen zu 0,5 Tonnen pro Jahr führen. Zuvor wäre aber wohl ohnehin eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig.

Speichersee: Auch dieses österreichweit einzigartige Vorhaben sei „schon weit fortgeschritten“, verrät Urs Harnik-Lauris, Sprecher der Energie Steiermark, der Kleinen Zeitung. Konkret will man in der Gemeinde Kalsdorf im Süden von Graz einen Speichersee anlegen, „den wir mittels Fotovoltaik permanent beheizen, um dann im Winter – kombiniert mit Biomasse – die Wärme wie bei einem riesigen Boiler nutzen zu können“. Das betreffende Grundstück über 100.000 Quadratmeter habe man sich „bereits gesichert“, insgesamt würde man „50 bis 60 Millionen Euro investieren“.
Gössendorf: Bei der Kläranlage soll künftig nicht nur der anfallende Schlamm verbrannt und so in Wärme umgewandelt werden, zudem will man ähnlich wie bei (Erd-)Wärmepumpen für Privathäuser auch das Abwasser nutzen: Dieses habe auch im Winter eine Temperatur von acht Plusgraden.

Damit nicht genug: Ein Teil jener Abwärme, die täglich in den Firmen Sappi und Marienhütte anfällt, wird ja bereits ins Grazer Fernwärmenetz eingespeist. Die Arbeitsgruppe „Wärmeversorgung 2020/30“ tüftelt nun aber an Möglichkeiten, die Menge zu erhöhen. Und: Die stillstehende Gasturbine beim Magna-Heizwerk in Thondorf, welche zuletzt in den USA auf Vordermann gebracht wurde, soll wieder in Betrieb genommen werden.

In Summe gehe es jedenfalls bei allen geplanten Projekten um rund 700 Gigawattstunden im Jahr, bestätigt Werner Prutsch vom städtischen Umweltamt. Zum Vergleich: Der jährliche Fernwärmebedarf im Großraum Graz liegt bei etwas mehr als 1000 Gigawattstunden. Zu den treibenden Kräften im Rathaus gehören Vizebürgermeisterin und Umweltreferentin Judith Schwentner (Grüne) sowie Finanzstadtrat Manfred Eber (KPÖ). Unisono betonen sie, die schon bald vorliegenden Endberichte zu den Projekten abwarten zu wollen – um nach Möglichkeit mit den ersten bereits in Kürze zu starten.

Kleine Zeitung

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