AK: Strompreise durch staatlichen Preisdeckel senken

6. Mai 2022, Wien
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Nach dem Muster von Spanien und Portugal sollte auch der österreichische Staat durch eine Gaspreis-Deckelung für Kraftwerke die hohen Strompreise nach unten bringen. Das forderte Arbeiterkammer-Energieexperte Josef Thoman am Freitag im APA-Gespräch. Die Preisdifferenz müsste den Kraftwerksbetreibern ersetzt werden.

Die Kosten dafür lägen je nach aktuellem Gasbörsepreis zumindest im höheren dreistelligen Millionen-Euro-Bereich, würden die Strompreise für Haushalte und Industrie aber um ein Vielfaches davon senken. Die Regierung sollte sich auf europäischer Ebene dafür stark machen, verlangt Thoman.

Grund für den Vorstoß des AK-Experten ist das Faktum, dass die Stromgroßhandelspreise hauptsächlich durch die hohen Erdgaspreise in die Höhe getrieben werden, weil das jeweils letzte – teuerste – Kraftwerk, das in Betrieb ist, den Strompreis bestimmt. Hier dürfte man nicht untätig zusehen. Wegen des teils gemeinsamen Strommarktes sollte man mit Deutschland sprechen, aber auch auf europäischer Ebene.

Gelingt es beispielsweise, den Gaspreis für einen bestimmten Kraftwerkseinsatz von 100 Euro pro Megawattstunde (MWh) auf 40 Euro je MWh zu senken, so würde der Strompreis von 250 Euro auf unter 100 Euro pro MWh sinken, rechnete Thoman vor. Denn das durchschnittliche Verhältnis zwischen Gaspreis und Strompreis liege bei etwa eins zu 2,5, betrachte man die 16 Monate von Jänner 2021 bis April 2022.

Spanien wollte ursprünglich für Gaskraftwerke einen Gaspreisdeckel von 30 Euro je MWh einziehen, doch war das den Wettbewerbshütern der EU-Kommission zu niedrig. Nun soll der Deckel zunächst bei 40 Euro eingezogen werden, mit einem langsamen Anstieg auf 50 Euro je MWh auf der Zeitachse. „Die Differenz zum Marktpreis wird für diese Stromerzeugung vom Staat übernommen, der Strompreis halbiert sich dadurch“, so Thoman: „Die Erwartung von Spanien ist, dass der Strompreis von 200 auf 100 Euro pro MWh sinkt, weil in so vielen Situationen die Gaspreise für die Gaskraftwerke den Strompreis machen.

Notwendig ist ein solcher staatlicher Eingriff aus Sicht des AK-Ökonomen, weil die Strompreise durch den starken Gaspreis-Hebel mittlerweile aus dem Ruder gelaufen seien und nicht nur für Haushalte ein Problem seien, sondern auch eine Bedrohung der Wettbewerbsfähigkeit bei der Industrie. Die Umverteilung von den Stromkunden hin zu den Stromversorgern, auch jenen, die fast nur Elektrizität aus Erneuerbaren Energien haben, „wird zu einem volkswirtschaftlichen Problem – wir werden gerade ärmer“, so Thoman. Durchbrechen könne das nur der Staat. Deutschland sollte wohl mit ins Boot genommen werden, weil die Strommärkte eng miteinander verbunden sind.

Übers Jahr gesehen wäre der Aufwand für solche Eingriffe höchst unterschiedlich, weil der Einsatz von Gaskraftwerken zur Stromproduktion im Jahresverlauf stark schwanke. Im Winter seien in der Regel mehr Gaskraftwerke im Einsatz, auch von Monat zu Monat sei deren Zuschaltung aber unterschiedlich, je nach Wasserkraft- oder Solarstromangebot. Das, was bisher zugunsten der Entlastung von Stromkunden getan worden sei – durch Transfers oder Steuer- bzw. Abgabensenkungen -, reiche nicht aus, weil auch aus Sicht verschiedener Expert:innen Strom kurz- oder mittelfristig wohl nicht billiger werde.

Ursprünglich habe man gehofft, dass der Erneuerbaren-Ausbau die fossilen Energien in der Stromproduktion aus dem Markt hinausschieben werde, doch nun gebe es „Übergewinne“ bei Erneuerbaren. Denn in der Wasserkraft sei ein abgeschriebenes Wasserkraftwerk mit nur 30 bis 40 Euro je MWh anzusetzen, ein noch nicht abgeschriebenes Windkraftwerk, wo noch Investitionen nötig seien, mit 80 bis 90 Euro. Auch ein Gaspreisdeckel bei 40 oder 50 Euro ließe noch genug Anreiz für Investitionen.

Der Gewinnabschöpfungs-Idee von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) für Energieversorger mit Staatsbeteiligung, die überproportional von der durch den Russland-Ukraine-Krieg getriebenen Preise profitieren, kann der AK-Fachmann etwas abgewinnen. Allerdings müsse diese natürlich auch für private Unternehmen, nicht nur für teilstaatliche gelten.

Lange habe es gerade für den Erneuerbaren-Bereich durch staatlich garantierte Abnahmepreise gesicherte Gewinne gegeben, „nun gibt es eine Extremsituation mit Krieg, einer Energiekrise sowie Versorgungssicherheits- und Preisproblemen.“ Aber auch Mineralölkonzerne wie die OMV, die ihren Gewinn 2022 verdreifachen möchte, profitierten von den deutlich höheren Gas- und Treibstoffpreisen. Hier könnten Zusatzgewinne abgeschöpft werden, etwa um den Gas-Preisdeckel für die Kraftwerke zu finanzieren, so Thoman.

Die Inflation habe erst begonnen, es würden hohe Wohlstandsprobleme drohen. „Da ist der Staat gefragt, korrigierend einzugreifen.“ Eine Abschöpfung von Sondergewinnen würde auch nicht die Investitionsfähigkeit in den wichtigen Erneuerbaren-Ausbau bremsen. „Es fehlt hier nicht an Geld, sondern an geeigneten Rahmenbedingungen, etwa bei der Dauer der Genehmigungen, bei den verfügbaren Flächen, bei der Zustimmung in Mehrparteienhäusern oder Fachkräften, die die Infrastruktur errichten“.

APA

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