Stromausfall ist nicht gleich Stromausfall

8. Juni 2022

1 Der Stromausfall vor dem Fußballspiel Österreich gegen Dänemark im Wiener Happel-Stadion sorgte – auch international – für Aufsehen. Schlagzeilen wie „Blackout im Stadion“ oder „Blackout legte Prater lahm“ waren die Folge. Handelte es sich tatsächlich um ein Blackout?

Nein. Es handelte sich um einen sogenannten „ungeplanten“ Stromausfall, wie er – aus unterschiedlichen Gründen – immer wieder vorkommt. „Die Versorgungssicherheit in Österreich ist sehr gut und liegt bei 99,99 Prozent“, sagt Christoph Schuh, Sprecher des Strom-Übertragungsnetzbetreibers Austrian Power Grid AG (APG). Damit liege man auch im internationalen Vergleich im Spitzenfeld. E-Control-Vorstand Alfons Haber betont: „Den Stromausfall am Montag als Blackout zu bezeichnen trägt nur zur Verunsicherung der Bevölkerung bei, hat aber mit der Realität wenig zu tun.“

2 Wie oft kommt es zu derartigen Stromausfällen?

Die Regulierungsbehörde E-Control weist für 2020 18.850 dieser „Versorgungsunterbrechungen“ aus, 2019 waren es 18.914. Im Schnitt waren österreichische Haushalte – aufs Gesamtjahr gerechnet – damit 26,58 Minuten ohne Strom.

3 Aber was ist dann der Unterschied zwischen einem Stromausfall und einem Blackout?
Ein Stromausfall, wie jener am Montagabend in Teilen des zweiten Wiener Gemeindebezirks, ist in der Regel ein lokal oder regional begrenztes Ereignis, das zum Beispiel auf ein Unwetter oder ein beschädigtes Kabel – etwa durch Grabungsarbeiten – zurückzuführen ist. „Ein Blackout muss von einem lokalen oder regionalen Stromausfall strikt getrennt werden“, unterstreicht Schuh. Und auch E-Control-Vorstand Haber betont: „Ein kleinflächiger Stromausfall durch ein technisches Gebrechen – wie die Wiener Netze bekannt gegeben haben – kann passieren, hat es immer schon gegeben und gibt es immer wieder.“ Von einem Blackout werde erst dann gesprochen, „wenn es sich um eine großflächige, länger anhaltende Unterbrechung der Stromversorgung handelt“. Vorstand Haber warnt daher auch vor falschen Zuschreibungen: „Mit den Ängsten der Menschen zu spielen, hilft niemandem.“

4 Welche Sicherheitsmaßnahmen gibt es, um großflächigen Stromausfällen vorzubeugen?
Je höher die Netzebene (vom 400-Volt-Niederspannungsnetz, an dem die Haushalte hängen, über das Mittelspannungsnetz bis hin zum 380-kV-Hochspannungsnetz), desto größeres technisches Augenmerk wird darauf gelegt, etwaige Leitungsausfälle durch Umleitungen kompensieren zu können. So ist es Standard, im Hochspannungsnetz eine sogenannte „(n-1)-Sicherheit“ (sprich: N-minus-eins-Sicherheit) zu gewährleisten. Bedeutet: Fällt etwa eine 110-kV-Übertragungsleitung oder ein zentraler Transformator aus, übernehmen andere Komponenten die Aufgabe und gewährleisten die Stromversorgung weiter. Erst wenn gleichzeitig eine zweite Anlage nicht mehr funktioniert, wird es großflächig – etwa in einem ganzen Landesteil – finster.

5 Was könnten Gründe für ein Blackout sein?
Potenzielle Ursachen für einen tatsächlichen überregionalen Zusammenbruch der Stromversorgung könnten Cyberangriffe, Naturkatastrophen, Extremwetterereignisse, Erdbeben oder Terroranschläge sein, die wesentliche Kraftwerks- oder Netzinfrastruktur zerstören bzw. außer Betrieb setzen.

6 Erhöht nicht auch der Ausbau der erneuerbaren Energien das Risiko eines Blackouts?
Was stimmt: Die Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie wie etwa Wind- und Sonnenkraft ist volatil, also schwankend. Je nachdem, wie viel Wind weht und wie stark die Sonne scheint, speisen die Anlagen mehr oder weniger Strom ins Netz. Das stellt die Netzbetreiber vor große Herausforderungen, denn die Stromeinspeisung muss zu jedem Zeitpunkt gleich groß sein wie der Stromverbrauch, sonst wird das Stromnetz instabil. Bewerkstelligen lässt sich das mit stabilen und intelligenten Transformatoren und Leitungssystemen. Weil die entsprechende Aufrüstung der Netze nicht überall mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien mithält, gibt es in Österreich immer mehr Regionen, in denen vorerst keine zusätzlich Netzeinspeisung aus Fotovoltaikanlagen mehr möglich ist.

7 Wie werden große Erzeugungsschwankungen ausgeglichen?
Das geschieht mittels sogenannter Redispatch-Maßnahmen. Dabei werden gezielt thermische Kraftwerke und Wasserkraftanlagen im Netz zu- und weggeschaltet, um den Betrieb stabil zu halten. Laut APG mussten derartige Maßnahmen im österreichischen Hochspannungsnetz heuer bis Ende März bereits an 70 von insgesamt 90 Tagen ergriffen werden.

FRAGE & ANTWORT. Als im Prater das Licht ausging: Der live übertragene Stromausfall im Wiener Stadion hat auch international für Schlagzeilen gesorgt. Schnell war fälschlicherweise sogar von einem „Blackout“ die Rede. Doch was unterscheidet einen Stromausfall von einem Blackout?

Kleine Zeitung