Ifo-Index sinkt – „Drohende Gasknappheit bereitet Sorge“

24. Juni 2022, München
Das Sorgenkind - Lubmin, APA/dpa

Die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft hat sich im Juni nach zwei Anstiegen in Folge wieder eingetrübt. Der Ifo-Geschäftsklimaindex fiel unerwartet deutlich um 0,7 auf 92,3 Punkte, wie das Münchner Ifo-Institut am Freitag zu seiner Umfrage unter rund 9.000 Managern mitteilte. Ökonomen hatten nur einen Mini-Rückgang auf 92,9 Punkte erwartet.

„Steigende Energiepreise und die drohende Gasknappheit bereiten der deutschen Wirtschaft große Sorgen“, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Ein Wirtschaftseinbruch droht aber nicht unmittelbar. „Trotz erhöhter Unsicherheit zeichnet sich im Moment noch keine Rezession ab“, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe der Nachrichtenagentur Reuters. Allerdings müssen sich die Unternehmen auf ein schwaches zweites Halbjahr einstellen. „Wir haben weiterhin sehr schwierige Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und gehen davon aus, dass die Tendenz der kommenden Monate eher abwärts gerichtet ist“, sagte LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch.

Die Führungskräfte äußerten sich zu ihrer Geschäftslage und zu den Aussichten jeweils skeptischer als zuletzt. Vor allem im Handel und Industrie hat sich die Stimmung merklich eingetrübt. „Insbesondere die chemische Industrie ist höchst beunruhigt“, sagte Fuest mit Blick auf die Gasversorgung, auf die diese Branche besonders angewiesen ist. Am Bau und bei den Dienstleistern hat sich die Stimmung dagegen aufgehellt, bei Letzteren vor allem wegen der Coronalockerungen. „Besonders das Gastgewerbe setzt auf einen guten Sommer“, sagte Ifo-Experte Wohlrabe.

Der russische Einmarsch in die Ukraine sorgt für steigende Rohstoffpreise, zunehmende Lieferengpässe und erhöhte Unsicherheit bei Firmen und Verbrauchern. Das Ifo-Institut hat deshalb gerade erst seine Prognose für das Wachstum der deutschen Wirtschaft in diesem Jahr gesenkt – und zwar von 3,1 auf 2,5 Prozent. Im kommenden Jahr soll sich das Wachstum dann auf 3,7 Prozent beschleunigen.

Allerdings befürchten Ökonomen bei ausbleibenden russischen Gaslieferungen eine schwere Rezession im Winter. „Die Lage auf dem Gasmarkt ist bedrohlich“, sagte der Regierungsberater und Professor für Internationale Volkswirtschaftslehre an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Jens Südekum. „Es drohen dann eine Rationierung des Gasbezugs und damit Produktionsstopps in der Industrie. Eine schwere Rezession könnte die Folge sein.“

APA/ag

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