Gaskrise: Graz plant Auswege um 260 Millionen

7. Juli 2022

Von erstmaliger Müllverbrennung bis zur Biomasse- Anlage: Im Großraum Graz sollen sieben Projekte die Fernwärmeversorgung ökologischer machen – und unabhängiger von Gasimporten.

Wann die spektakulären Überlegungen starteten, lässt sich nicht mehr definieren. Manche sprechen gar von 1973, Ölkrise und so. Umso klarer kann man beantworten, warum man im Großraum Graz beim Umbruch in der Fernwärmeversorgung hektisch aufs Gas drückt – hat doch neben dem Klimawandel der Krieg in der Ukraine den Plan, möglichst unabhängig von teuren Gasimporten zu werden, schmerzhaft beschleunigt.

Also wurde gestern offiziell das enthüllt, was die Kleine Zeitung im April thematisierte: Sieben Projekte sollen die „ökologische Energie-Wende“ ermöglichen – von der erstmaligen Müllverbrennung auf Grazer Grund bis zur Biomasse-Anlage in Kalsdorf. Abwärmenutzung und damit Preisstabilität als Gebote der Stunde.

Die Versorgung der Menschen sei „ohne Wenn und Aber“ sicherzustellen, so die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ). „Aber wir müssen raus aus der Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen.“ Bis heute werden drei Viertel der Fernwärme im Großraum Graz durch Gas gespeist.

Ändern soll sich das durch folgende Projekte zwischen den Jahren 2023 und 2029: Nutzung der Abwärme bei der Papierfabrik Sappi, bei der Grazer Marienhütte sowie bei der „revitalisierten“ Gasturbine in Thondorf; Errichten einer Biomasse-Anlage samt Speicher in Kalsdorf; Verbrennen von Klärschlamm in Gössendorf sowie von Müll in Graz, ebenfalls zur Nutzung der Abwärme.

260 Millionen Euro wird all das kosten. Wer zahlt’s? Vordergründig die abwickelnden Firmen selbst, also etwa die Energie Graz – wobei diese mehrheitlich der Stadt und deren Tochter Holding Graz (vormals Stadtwerke) gehört.

Auch wenn das erstmalige Verbrennen von Müll in Graz euphemistisch „Energiewerk“ genannt wird – dass es unter der grünen Vizebürgermeisterin Judith Schwentner passiert, mutet widersprüchlich an. „Natürlich haben wir in unserer Partei intensiv darüber diskutiert“, gesteht Schwentner. „Aber es geht ja nur um das Verwerten von nicht mehr recyclingfähigen Stoffen. Und die CO2-Bilanz spricht einfach dafür.“ Allein dank der „thermischen Verwertung“ von Müll und Klärschlamm will man 22.000 Tonnen CO2 einsparen.

Holding-Vorstand Gert Heigl ergänzt nicht nur den Hinweis auf „modernste Filteranlagen“ – er betont auch, „diese Reststoffverwertung ist ebenso alternativlos wie die anderen Projekte. Im Gegenteil, angesichts der Entwicklungen werden wir uns um weitere Vorhaben bemühen.“ Tatsächlich seien Prognosen zur Gasversorgung nicht möglich, weiß auch Energie-Steiermark-Vorstand Christian Purrer. Man habe jedenfalls soeben eine Terawattstunde Erdgas (eine Milliarde Kilowattstunden) eingekauft, „die wir für den Notfall speichern“.

Kleine Zeitung