Energiekrise. Die Kostenexplosion bei Strom und Gas trifft auch die österreichische Bundesliga hart. Am meisten Geld müssen die Klubs für die Beheizung des Rasens ausgeben. Kleine Vereine sind am Limit
Stellen Sie sich Herrn Schöberl vor, wie er dick eingepackt aus dem Fenster seines Sozialbaus schaut und einen warmen Tee trinkt. Seine 50-Quadratmeter-Wohnung soll er wegen der Energiekrise auf nicht mehr als 19 Grad erwärmen. Tut er nicht, weil ihm auch das Geld nach der Erhöhung der Strom- und Gaspreise dafür einfach fehlt.
Dann blickt er hinüber ins Fußballstadion, und es wird ihm ganz warm ums Herz. Nicht unbedingt vor Freude, sondern vielleicht eher vor Wut. Denn da drüben rennt die Heizung der 7.500 Quadratmeter Rasen auf Anschlag. Es ist Winter in Österreich, und es wird Fußball gespielt.
Die Energiekrise trifft natürlich auch die Vereine der österreichischen Bundesliga. Zwar unterschiedlich hart, aber was die Klubs eint, ist die Sorge vor den Teuerungen. Die Recherche bei einigen Vereinen verdeutlicht: Bei den Klubs mit den großen Budgets fallen die höheren Energiekosten prozentuell weniger ins Gewicht.
Grüne Zukunft
Dafür müssen die größeren Klubs in ihren Stadien mehr Geld in die Rasenpflege investieren. Aufgrund der schlechten Belüftung durch die engen und hohen Tribünen und des schwachen Lichts muss das Grün nicht nur beheizt und beleuchtet werden, sondern sind wie etwa in Salzburg auch große Ventilatoren für bessere Luft notwendig. Trotz der Finanzkraft hat der Red-Bull-Klub zuletzt einige Aktionen in Richtung Effizienz umgesetzt, wie den Fuhrpark zum Teil auf Hybrid- und Elektro-Autos umgestellt oder effizientere Rasen-Ventilatoren gekauft.
Die Rasenpflege ist der größte Brocken, den die Vereine zu schlucken haben. Kosten für das Flutlicht seien leichter zu stemmen. Salzburg hat die Kosten durch den Umstieg auf LED auf ein Drittel reduziert. Für den Fan unverständlich: Das Licht muss auch bei Sonne scheinen, damit die Spieler bestens im TV-Bild sind.
Hartberg-Manager Kurt Riedl vergleicht: „Die Rasenheizung kostet uns pro Tag 2.500 bis 3.000 Euro. Das Flutlicht zirka 300.“ In der Summe kam der Klub zuletzt auf 60.000 Euro für die Rasenheizung – vor der Teuerung. Die Kosten für das Flutlicht für die gesamte Saison schätzen die Steirer auf 7.500 bis 10.000 Euro.
Eingeschaltet wird die Rasenheizung in Hartberg, sobald es in drei Nächten vor einem Spiel friert. Vorteil bei den Oststeirern ist aber, dass die Teuerung niedriger ausfallen könnte, da die Heizung über die Fernwärme gespeist wird. Dort sollten die Kosten nicht so eklatant steigen. Der Strom für das Flutlicht werde wohl um 50 Prozent höher sein. Hoffnungen setzt man in die Planung eines neuen Stadions und den Ausbau erneuerbarer Energie.
In Innsbruck sind die Energiekosten, dank eines vorausschauenden Deals von Olympia-World-Geschäftsführer Matthias Schipflinger stabil. Er hat 2020 an der Börse Strom für einen Fixpreis bis zum Ende 2023 bezogen. Dennoch: Im Vorjahr zahlte die WSG für zwei Spiele mit Rasenheizung 25.000 Euro.
In Zukunft werden jene Vereine klar im Vorteil sein, die Geld in die Nachhaltigkeit investieren konnten, wie zum Beispiel Rapid. Die Wiener rechnen in dieser Saison mit einem „hohen sechsstelligen Mehraufwand bei den Energiekosten“, wie Geschäftsführer Christoph Peschek sagt. Dafür gibt es aber Projekte wie die mit Grundwasser gespeiste Kühlung bzw. Heizung des Rasens im Trainingszentrum. „Das verursacht zwar bei der Anschaffung erhebliche Mehrkosten, wird sich aber durch massiv verringerte Energiekosten in einiger Zeit amortisieren“, betont Peschek.
Austria unter Strom
Viel Geld in diesem Bereich investierte auch die Austria mit dem Ausbau der Generali-Arena. Schon vor Corona produzierte der Klub mit Photovoltaik-Anlagen 17,6 Prozent seines verbrauchten Stroms selbst. Dieser Anteil soll in naher Zukunft auf das Vierfache steigen. Geplant ist, dass auch die Flutlicht-Masten mit PV-Modulen ummantelt werden.
Manche Klubs hoffen auf geringere Kosten durch die Winter-WM in Katar. Die Liga pausiert von 14. November bis 12. Februar, eine Woche zuvor wird Cup gespielt. Hartberg-Manager Riedl ist skeptisch: „Wir können ja nicht drei Monate nichts tun. Außerdem kommt der Winter immer später, im Jänner und Februar.“
Zurück zu Herrn Schöberl: Ob er sich beruhigt, wenn er die WM-Spiele in den klimatisierten Wüsten-Stadien sieht?
Kurier