Wifo: Strom-Grundkontingent ist „überlegene Handlungsoption“

17. August 2022, Wien
Strom-Grundbedarf könnte vom Staat subventioniert werden - Wien, APA/THEMENBILD

Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) hat seinen Vorschlag für ein staatlich subventioniertes Strom-Grundkontingent bekräftigt: Dieses Modell sei gegenüber anderen Möglichkeiten zur Strompreis-Dämpfung die „überlegene Handlungsoption“, schreibt das Wifo in einer am Mittwoch veröffentlichten Analyse. So würde etwa eine Strompreis-Deckelung die größten Verbraucher am stärksten fördern. Eine staatliche Preisregulierung wäre nur europaweit durchführbar, so die Wifo-Ökonomen.

Die Grundidee des Wifo-Modells sieht so aus: Jeder Haushalt bekommt ein Grundkontingent an staatlich subventioniertem Strom, wer mehr braucht, muss für den Mehrverbrauch den Marktpreis bezahlen. Damit soll ein Anreiz zum Energiesparen erhalten bleiben, argumentieren die Wirtschaftsforscher. Die Energieversorger sollen das Modell umsetzen und dafür vom Staat entschädigt werden. Der Staat könnte die aktuellen Beschaffungs- oder Produktionskosten mit einem kalkulatorischen Gewinnaufschlag ersetzen oder historische Durchschnitte anlegen. „Diese beiden Varianten wären im Falle von Wind-, Solar- oder Wasserkraftbetreibern zumindest teiläquivalent zu einer Abschöpfung der Zufallsgewinne (windfall profits).“

Anders als pauschale Unterstützungen für Haushalte könnte die Bezuschussung der Stromrechnungen die gemessene Inflation reduzieren und auch Zweitrundeneffekte mildern, etwa bei der Mietpreisindexierung. Allerdings wäre dieser Effekt gering, sagt das Wifo, weil das Gewicht von Strom im Verbraucherpreisindex nur etwa 2 Prozent betrage.

Um nicht Haushalte zu bevorzugen, die bisher schon viel Strom verbraucht haben, sollte sich das subventionierte Grundkontingent nicht am tatsächlichen Verbrauch orientieren, sondern am durchschnittlichen Verbrauch von Haushalten, schlägt das Wifo vor. Wer weniger verbraucht als der Durchschnitt, würde einen größeren Teil seines tatsächlichen Verbrauchs ersetzt bekommen als jemand, der mehr verbraucht als der Durchschnitt. Dabei wäre es auch unbedingt notwendig, die Größe der Haushalte zu berücksichtigen, die dafür notwendigen Informationen müsste der Staat den Energieversorgern zugänglich machen. Sollte das legistisch schwierig sein, könnte zunächst ab Herbst ein Kontingent auf Basis des Verbrauchs eines durchschnittlichen Zweipersonen-Haushalts gewährt und später z.B. auf Antrag angepasst werden, schlägt das Wifo vor.

Die Höhe des Zuschusskontingents an das Einkommen anzupassen wäre rechtlich und praktisch schwierig, weil dann die Versorger die Haushaltseinkommen kennen müssten. „Das beim Energiegutschein angewandte Modell hat sich eher nicht bewährt“, sagten die Ökonomen. Stattdessen könnte man etwa die GIS-Befreiung als Grundlage für höhere Zuschüsse nehmen. Zweitwohnsitze sollten nicht bezuschusst werden, aber es sollte auch keine Abzüge für selbst hergestellten Strom geben, raten die Experten.

Wenn man auch für Gas ein Grundkontingent einführt, müsste man auch den Strombedarf für Wärmepumpen berücksichtigen, weil sonst Gasthermenbetreiber bevorzugt würden. Grundsätzlich sollten die Grundkontingente nicht zur Gänze vom Staat bezahlt werden, weil es sonst für kleine Verbraucher keinen Sparanreiz gäbe. Stattdessen sollte z.B. für ein Jahr ein fixer Preis für den Basisverbrauch festgelegt werden, um den Haushalten auch das Risiko einer weiteren Verteuerung abzunehmen. Zwar könnte ein Energie-Grundkontingent auch für Gas, Fernwärme, Heizöl oder Pellets eingeführt werden, das Wifo schlägt aber vor, das zuerst oder ausschließlich für Strom zu tun, weil jeder Haushalt Strom braucht und ohnehin ein Ausstieg aus fossilen Energieträgern geplant sei.

Zur Unterstützung von Unternehmen schlägt das Wifo vor, betriebliche Verluste, die durch stark gestiegene Energiekosten entstehen, mit Gewinnen aus der Vergangenheit gegenzurechnen.

Auf europäischer Ebene könnte man einen Maximalpreis für russisches Gas festsetzen oder die Verstromung von Gas subventionieren – das könne aber nur im europäischen Verbund erfolgen.

APA

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