Kocher rechnet nicht mit längerem Gaslieferstopp Russlands

14. September 2022, Wien
Stopp wird nicht lange dauern - Lubmin, APA/dpa

Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) glaubt nicht an einen längeren Gaslieferstopp Russlands. „Das halte ich für unwahrscheinlich, weil es auch für ihn (Kreml-Chef Wladimir Putin, Anm.) eine extreme Belastung wäre“, sagte Kocher in einem Gespräch mit Journalisten in Wien. Schließlich könne Putin das Gas mangels Pipelines nur „verfeuern“. „Ich bin für diesen Winter relativ optimistisch, dass wir nicht in einen Gasnotstand kommen“, so Kocher.

Kocher rechnet auch damit, dass die Energiepreise nach dem Winter „aller Voraussicht nach wieder sinken“ werden. „Man muss nur durch diese schwierige Phase kommen“, sagte der Minister mit Blick auf die Heizsaison, in der auch mehr Gas für die Stromproduktion als im Sommer benötigt werde.

„Wir sollten uns nicht ins Bockshorn jagen lassen, wenn es irgendwann ein, zwei Wochen kein Gas aus russischen Quellen gibt“, sagte der Minister. Schließlich bereite man sich unter anderem durch die Füllung der Gasspeicher auf ein solches Szenario vor. Die beschlossene strategische Reserve von 20 TWh entspreche nämlich einem Fünftel des österreichischen Jahresverbrauchs, was „relativ viel“ sei.

Nicht eindeutig äußerte sich Kocher auf die Frage, zu welchem Preis der Staat im Fall des Falles das Gas aus den Reserven abgeben werde. Man wolle damit „keinen Gewinn machen“, versicherte er. Das Gas sei für die Versorgung von Haushalten und kritischer Infrastruktur gedacht. Ziel sei, dass die Reserve überhaupt nicht gebraucht werde.

Grundsätzlich will der Ökonom so lange wie möglich auf die Lenkungswirkung hoher Energiepreise setzen. Diese würden etwa auch den Einsatz von Heizstrahlern in der Gastronomie oder Schneekanonen im Tourismus steuern, erläuterte Kocher. Ähnliches gelte für die Industrieproduktion. „Wenn die Produktion zu teuer wird, wird es auch keine geben. Wir wollen, solange es möglich ist, ein Preissignal haben“, sagte der frühere IHS-Chef.

Skeptisch sieht Kocher den Ansatz, energieintensive Betriebe nach dem Vorbild der Coronakrise durch Kurzarbeitsregelungen zur Einstellung oder Drosselung der Produktion zu animieren. Die Abgrenzung sei in diesem Fall nämlich nicht so einfach. Staatliche Hilfen werde es aber geben, wenn ein Betrieb aufgrund der Energielenkung schließen müsse.

Kocher äußerte sich in einem gemeinsamen Pressegespräch mit Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP). Dieser erinnerte an die Coronakrise und die damals gemalten düsteren Wirtschaftsszenarien, wonach es „eine große Insolvenzwelle“ geben werde, „der Arbeitsmarkt einstürzen und wir eine ganze Generation verlieren“ werden. Dies sei nicht eingetreten, und auch diesmal solle man der Problemlösungskapazität der Europäischen Union vertrauen. Bis Ende Dezember solle ein EU-Paket zum Thema Energie stehen, „und die Schwarzseher, die Kassandrarufer, werden auch diesmal wieder Unrecht haben“, zeigte sich Schallenberg überzeugt.

Auch Kocher signalisierte Optimismus, was die Energieversorgung Europas betrifft. So habe die EU-Kommission im Bereich der Energiepreise „erkannt, dass es mittel- und langfristig ein Wettbewerbsproblem gibt, wenn wir da nichts tun“. Konkret verwies der Wirtschaftsminister auf das niedrigere Preisniveau in den USA. Daher solle die Koppelung des Gas- und Strompreises „etwas reduziert“ beziehungsweise „ausgesetzt“ werden.

APA

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