Zweifel an Sicherheit von „Mini-AKW“ in Tschechien

9. November 2022, Linz

BOKU-Experten kritisieren größeren Wartungsaufwand, durch den technisches und menschliches Versagen wahrscheinlicher werden

Die Pläne der Tschechischen Republik, auf dem Gelände des AKW Temelin sogenannte „Small Modular Reactors“ (SMR) zu errichten, erregen wie berichtet Widerstand. Nachdem bereits mehrere Mühlviertler Bürgermeister ihren Unmut bekundet haben, verurteilte am Dienstag auch Umweltlandesrat Stefan Kaineder (Grüne) das Vorhaben im Nachbarland: „Diese Pläne für einen Atomversuchspark erhöhen die Gefahr für Oberösterreich, und wir müssen uns vehement dagegenstemmen“, sagte Kaineder bei einer Pressekonferenz.

„Versuchspark“ deshalb, weil diese „SMR“, zu Deutsch „kleine modulare Reaktoren“, bisher in der Praxis noch kaum zur Anwendung gekommen seien, erläuterte Raphael Zimmerl vom Institut für Sicherheits- und Risikowissenschaften der BOKU. Kommerziell werden sie bisher nicht eingesetzt, es gibt nur sehr wenige Versuchsreaktoren.

Viele davon hätten mit Verzögerungen wegen Sicherheitsbedenken und technischer Schwierigkeiten zu kämpfen. Statt eines großen Reaktors sollen bei den Kleinreaktoren mehrere kleine mit einer Leistung von maximal 300 Megawatt errichtet werden. Zum Vergleich: Der Reaktor im tschechischen Kraftwerk Dukovany hat eine Leistung von etwa 500 Megawatt. Das Argument der Reaktorhersteller und AKW-Befürworter ist, dass durch mehrere kleinere Anlagen, die in Serie produziert werden, die Anlagen günstiger zu errichten seien.

Zimmerl zog diese These in Zweifel: Zum einen ist die Effektivität der Kleinreaktoren geringer, sodass weniger Energie aus derselben Menge Brennstoff erzeugt wird. Zudem braucht jede der kleineren Anlagen dieselben Sicherungsmaßnahmen wie eine große, sodass der Wartungsaufwand, aber auch die Gefahr für menschliches Versagen oder Materialversagen steigt. Zudem müssten mehrere hundert Anlagen desselben oder ähnlichen Typs produziert werden, um tatsächlich in der Herstellung billiger zu kommen.

Landesrat Kaineder kündigte an, dass Oberösterreich seinen Widerstand gegen einen AKW-Ausbau fortsetzen werde. Atomkraft sei im Vergleich zu erneuerbaren Energien nicht nur teurer und brauche lange im Ausbau. „Wir haben im Sommer bei der Abschaltung von AKW in Frankreich und bei den Kämpfen um das AKW Saporischschja auch gesehen, dass die Technologie unzuverlässig und gefährlich ist“, sagte er. Oberösterreich werde deshalb weiterhin politisch und auf Ebene der Verwaltung gegen den AKW-Ausbau eintreten. Auch die Klage der Bundesregierung gegen die Einstufung von Atomenergie als grüne Energie durch die EU werde das Land weiterhin unterstützen. (vaba)
„Kleine modulare Reaktoren wurden bisher noch nicht kommerziell eingesetzt, Prototypen kämpfen mit technischen Problemen.“

Raphael Zimmerl, Universität für Bodenkultur

Oberösterreichische Nachrichten

Ähnliche Artikel weiterlesen

Blackout-Vorsorge wird in Österreich verstärkt

27. September 2021, Wien
APG-Chef Gerhard Christiner - Wien, APA/HANS PUNZ

Große Reaktorunfälle trotz Simulationen nicht vorhersehbar

17. September 2021, Wien
Archivbild des AKWs in Fukushima - Futaba, APA/AFP