D – Industrie kann sich längere AKW-Laufzeiten vorstellen

2. Jänner 2023, Berlin
BDI-Präsident Siegfried Russwurm
 - Berlin, APA/dpa

Industriepräsident Siegfried Russwurm kann sich grundsätzlich längere Laufzeiten der Atomkraftwerke in Deutschland über Mitte April hinaus vorstellen. „Wir sehen ja aktuell, wie dringend wir jede Kilowattstunde Strom benötigen, gerade in den sonnen- und windarmen Wintermonaten“, sagte Russwurm. „Unseren europäischen Nachbarn ist es schwer zu vermitteln, in der gegebenen Mangellage sichere Kraftwerke abzuschalten und gleichzeitig Solidarität einzufordern.“

Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) sagte weiter: „Wir haben den echten Stresstest in den kommenden Monaten noch vor uns. Wenn er schiefgeht, kann es sein, dass die Diskussion noch einmal startet. Am Ende muss die Politik verantwortungsvoll und undogmatisch entscheiden. Definitiv muss es rechtzeitig eine Analyse geben, wie wichtig die Kernkraft für die Stabilität des Stromnetzes in diesem Winter war.“ Russwurm sagte außerdem, er erwarte keine großflächigen Strom-Blackouts, allenfalls regionale kurzfristige Unterbrechungen. „Das wäre schon schlimm genug.“

Die Bundesregierung hatte nach einem Machtwort von Kanzler Olaf Scholz (SPD) beschlossen, dass die drei verbliebenen drei Atomkraftwerke über das Jahresende hinaus bis zum 15. April weiterlaufen sollen. Danach soll mit der Nutzung der Atomkraft Schluss sein.

Die FDP hatte eine Debatte um einen Weiterbetrieb der drei Atommeiler angestoßen. Die Partei stehe weiterhin für eine Laufzeitverlängerung der drei Kernkraftwerke über den April hinaus zur Verfügung, hatte Generalsekretär Bijan Djir-Sarai gesagt. Neben der Strompreisentwicklung beobachte seine Partei mit Sorge, dass die CO2-Emissionen nicht schnell genug sänken, weil zu viel Kohle verbrannt werden müsse.

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) kritisierte wiederkehrende Rufe der FDP und der Opposition nach längeren AKW-Laufzeiten. „Wenn wir jetzt neue Brennstäbe kaufen würden, laufen die alten Kernkraftwerke womöglich noch 20 Jahre. Die Risiken sind hoch, wie die massiven Probleme in Frankreich zeigen“, sagte Bas.

APA/dpa

Ähnliche Artikel weiterlesen

Frankreich will in den 2030ern ein AKW pro Jahr bauen

29. November 2023, Paris
AKW in Südfrankreich
 - Saint-Vulbas, APA/AFP

RWE will mit Ökostrom-Ausbau kräftig wachsen

28. November 2023, Essen

Tschechien sichert sich LNG-Kapazitäten in Stade

23. November 2023, Prag
Tschechiens Industrieminister Jozef Sikela
 - Brussels, APA/AFP

Reiche leben extrem klimaschädlicher als arme Menschen

20. November 2023, Berlin
Soziale Ungleichheit spiegelt sich auch in Klimakrise
 - Miami, APA/GETTY IMAGES NORTH AMERICA