Offene Fragen zu Notkrediten

15. Feber 2023, Wien

Wien-Energie-Führung erneut vor der U-Kommission

Am Donnerstag geht es weiter, da tagt die Untersuchungskommission im Wiener Gemeinderat zum fünften Mal, in der die Vorgänge rund um die Vergabe zweier Notkredite zu je 700 Millionen Euro an Wien Energie durch Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) beleuchtet werden. Auskunftspersonen sind einmal mehr Wien-Energie-Geschäftsführer Michael Strebl und sein Aufsichtsratsvorsitzender Peter Weinelt, im Brotberuf Geschäftsführer der Wien-Energie-Mutter Wiener Stadtwerke.

Beide werden zum zweiten Mal befragt, weil es noch immer an Licht im Dunkel rund um den Finanzbedarf von 1,4 Milliarden Euro mangelt, für die die Stadt im Wege der bürgermeisterlichen Notkompetenz die im Sommer 2022 die Haftung übernahm, um den gewaltigen Cashbedarf zu decken, der sich aufgrund von Sicherungsleistungen (Margin Calls) für Stromkäufe in der Zukunft aufgetan hatte.

Aus Sicht der Opposition sind bis dato Kernfragen noch nicht beantwortet: Warum wurde an den europäischen Strombörsen mit Volumina gehandelt, die den gesamten Jahresstrombedarf überstiegen, und nicht nur im zur Deckung des tatsächlichen operativen Bedarfs notwendigen Umfang? Wann wurden die aufgrund der vorhandenen Eigenmittel selbstgesteckten Limits für den Börsenhandel zum ersten Mal gerissen? Und, drittens, warum wurde nicht wenigstens teilweise auf Over-the-counter-Geschäfte (OTC) umgestellt, um die Gefahr ständig steigender Sicherungsleistungen zu bannen? Schließlich sei OTC-Stromhandel nicht zwangsweise windig, wie dies nach Auffliegen der Schieflage Ende August stets beteuert wurde, argwöhnten der Klubobmann im Gemeinderat, Markus Wölbitsch-Milan, und der Dritte Landtagspräsident, Manfred Juraczka, (beide ÖVP) am Dienstag in einem Pressegespräch.

Lücken und Widersprüche weist laut den beiden auch der Zeitablauf seit Juni 2022 auf, das ist die Zeit bis zur Inanspruchnahme der inzwischen berühmt gewordenen Notkompetenz durch Bürgermeister Ludwig. Sie sehen durch Aussagen von Stadtwerke-Generaldirektor Martin Krajcsir in der jüngsten Sitzung vor zwei Wochen den von Ludwig vermittelten Zeitablauf ins Wanken gebracht. Denn Ludwig habe im September betont, er sei erst am 15. Juli 2022 mit der ersten Tranche von 700 Millionen Euro konfrontiert worden. Das scheine reichlich spät, denn bereits am 4. Juli wurde in einem Jour fixe Finanzstadtrat Peter Hanke über den Finanzbedarf informiert, der am 8. Juli konkretisiert wurde.

Strebl gab den Bedarf mit 1,4 Milliarden an, Weinelt mit zwei Milliarden – aus Sicht Wölbitschs ein aufklärungswürdiger Punkt. Er hegt den Verdacht, dass sich Wien Energie mit zwei Milliarden einen Polster an Liquidität sichern wollte. Der mit dem zweiten Notkredit am 29. August teilweise auch kam.

Der Standard

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