Die Stadt Wien wird einen eigenen Schutzschirm für die Wien Energie im Ausmaß von 2 Mrd. Euro beschließen. Dieser soll die mit der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) vereinbarte Kreditlinie in gleicher Höhe ersetzen. Das teilte Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) im Gespräch mit der APA mit. Zusätzlich verhandelt der Mutterkonzern Wiener Stadtwerke aktuell mit den Banken über eine weitere Kreditlinie von 1,7 Mrd. Euro.
Insgesamt könnten somit 3,7 Mrd. Euro bei Bedarf abgerufen werden, betonte Hanke. Die Mittel dürfen ausschließlich zur Absicherung von Energiegeschäften an der Energiebörse – also für sogenannte Margin-Zahlungen – verwendet werden. Diese haben im vergangenen Sommer für eine dramatische Situation gesorgt. Die Wien Energie musste für den Börsenhandel mit Strom und Gas infolge der Preissprünge hohe Sicherheitsleistungen hinterlegen und konnte diese nicht mehr aus eigener Kraft aufbringen.
Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hat deshalb ab Juli per Notkompetenz insgesamt 1,4 Mrd. Euro bereitgestellt. Der Liquiditätsengpass und die Notkredite des Bürgermeisters wurden Ende August publik, als auch diese 1,4 Mrd. Euro knapp wurden. In der Folge gewährte der Bund über die Bundesfinanzierungsagentur weitere 2 Mrd. Euro. Diese Linie läuft Ende April aus. Eine Neuauflage ist nicht vorgesehen, betonte Hanke.
Wien wird also allein für den Schutzschirm aufkommen, der ab Mai in Kraft treten wird. Wie Hanke betonte, soll dieser sogar für Ausschläge an den Börsen geeignet sein, die noch größer sind als sie es im vergangenen August waren. Braucht die Wien Energie Geld, muss sie sich zunächst an die Stadtwerke wenden. Diese befinden sich laut dem Stadtrat derzeit in Gesprächen mit einem Bankenkonsortium.
Erst wenn weitere Mittel benötigt werden, wird die Kreditlinie der Stadt in Anspruch genommen. Konkret handelt es sich um kein direktes Darlehen, sondern über einen Kreditrahmenvertrag. Dieser sei auch nicht schuldenerhöhend, versicherte Hanke der APA. Finanziert wird die Kreditlinie über die UniCredit.
Der Schutzschirm soll zwei Jahre lang bestehen bleiben, eine Verlängerung für ein weiteres Jahr ist möglich. Der Beschluss im Gemeinderat ist für den 23. März geplant.
Vereinbart wurde außerdem ein Gewinnausschüttungsverbot der Wien Energie gegenüber den Stadtwerken. Dieses soll während der gesamten Laufzeit gelten. Die Stadtwerke werden selbst Fremdmittel aufnehmen – und zwar in Form eines sogenannten revolvierenden Konsortialkredits (RCF), wie der Konzern der APA am Montag erläuterte. Rund zehn österreichische und internationale Bankinstitute stellen den Stadtwerken in Summe 1,7 Mrd. Euro als Kreditlinie zur Verfügung.
Damit sichere man das Energiegeschäft auf zwei Jahre – mit Option auf weitere zwei Jahre – zu sehr günstigen Konditionen ab, hieß es. Es handle sich um den zweitgrößten RCF, der jemals in Österreich gewährt worden sei. Erst wenn aus diesem keine finanziellen Mittel mehr zur Verfügung stünden, würde zur Sicherheit der Versorgung die Stadt Wien einspringen, bekräftigte man.
Die Kreditlinie sei in dieser Höhe eine alternativlos günstige Variante, wurde beteuert. Sie biete große Sicherheit für alle Beteiligten, man könne sich dadurch auf Extremsituationen vorbereiten.
In der Wiener ÖVP mutmaßte man, dass die Maßnahme ein klares Zeichen dafür sei, dass weiter hoher Liquiditätsbedarf bestehe. Es werde „in verantwortungsloser Art und Weise“ mit dem Risiko gespielt, prangerte Klubchef Markus Wölbitsch an. Hinter den Bestrebungen liege wohl auch die Absicht, „alles weiterhin verschleiern zu wollen, sich hinter dem Geschäftsgeheimnis zu verstecken sowie auch den Bund die Einsicht in die Geschäfte zu verwehren“.
Der Klubchef der Wiener Grünen, David Ellensohn, konstatierte in einer Aussendung eine zu späte Umsetzung. „Wäre dieser Schritt schon vor einem Jahr erfolgt, hätten sich nicht nur Wien Energie und Wiener Stadtwerke leichter getan, sondern auch die Wienerinnen und Wiener hätten sich viel erspart.“ Die aktuelle Ankündigung klinge wie eine trotzige Reaktion auf die politische Kontrolle der roten Machtnetzwerke in Wien.
FPÖ-Klubobmann Maximilian Krauss begehrte Auskunft etwa über die Frage, wer für die neue Kreditlinie haftet und wie die Kreditzinsen bedient werden. Die Wien Energie, so kritisierte er, betreibe Gewinnmaximierung, die aber nicht beim Kunden ankomme. Es sei nicht klar, warum bei der immer noch volatilen Marktsituation der Handel nicht längst auf Risk-Spreading umgestellt worden sei.
Zufrieden äußerte sich hingen der Koalitionspartner NEOS. Der Schutzschirm sei ein präventives Risikomanagement und somit eine sinnvolle Maßnahme, zeigte sich NEOS-Energiesprecher Stefan Gara überzeugt. „Wichtig ist uns ein transparenter Prozess, der durch die Einhaltung der parlamentarischen Abläufe auch gegeben ist“, erklärte er in einer Aussendung. Der pinke Rathaus-Politiker hält es laut eigenen Angaben für denkbar, dass auch andere Bundesländer einen solchen Weg einschlagen werden.
APA