In Deutschland steigt Druck für billigen Industriestrom

27. April 2023, Berlin

In Deutschland wächst angesichts des internationalen Wettbewerbs der Druck auf die Einführung eines billigen Strompreises für die Industrie. Als erstes Bundesland legte Niedersachsen am Mittwoch ein Konzept vor, das für einige Branchen einen Strompreis von sieben Cent pro Kilowattstunde ab dem 1. Jänner 2024 vorsieht.

In der Ampel-Koalition könnte dies neuen Streit auslösen: Während ein Regierungssprecher darauf verwies, dass Kanzler Olaf Scholz (SPD) bereits zu Beginn der Legislatur Sympathie für das Vorhaben bekundet habe, hatte sich Finanzminister Christian (FDP) Lindner skeptisch gezeigt. Das grün-geführte Wirtschaftsministerium will nach Angaben von Staatssekretär Patrick Graichen kommende Woche ein Konzept für einen Industriestrompreis vorlegen.

Auslöser der Debatte ist die wachsende Kluft zwischen den Strompreisen in den USA und Deutschland, das ohnehin einen der höchsten Strompreise weltweit hat. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hatte am Montag gewarnt, dass die US-Regierung künftig grünen Wasserstoff zu nur einem Dollar pro Kilogramm anbieten wolle, weshalb zusammen mit hohen Subventionen für klimafreundliche Technologien in den USA eine Abwanderung der Industrie aus Europa drohe. Deshalb hatte es aus der SPD Forderungen nach einem subventionierten Industriestrompreis von fünf bis sieben Cent gegeben. „Ohne Eingriff in den Markt werden wir hier nicht weiterkommen“, sagte auch der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias Miersch, zum Industriestrompreis.

Der niedersächsische Vorschlag sieht einen festgelegten Preis für zehn Jahre vor, um den Firmen Planungssicherheit zu bieten. Man spreche bewusst von einem „Transformationsstrompreis“ und nicht von einem Industriestrompreis, weil nur die Firmen profitieren sollten, die sich selbst in der Transformation zur Klimaneutralität befänden. Zudem sollte es eine Investitionsprämie für Technologien wie Solarmodule, Wärmepumpen, Windturbinen, Elektrolyseure oder Batterien geben, fordert die Landesregierung. Niedersachsen produziert mit Off- und Onshore-Wind ohnehin günstigen Ökostrom, kann die niedrigen Herstellungskosten aber bisher wegen der bundesweiten Berechnung der Strompreise nicht an die Industrie weitergeben. Deshalb hatte es auch schon den Vorschlag gegeben, Deutschland in zwei unterschiedliche Strompreisgebiete zu unterteilen.

Finanzminister Lindner hatte sich am Dienstag skeptisch gezeigt. Die Energiepreise müssten zwar gedrückt werden. Aber bei extrem teuren Subventionen für einen einheitlichen Industriestrompreis sei er sehr skeptisch, sagte der FDP-Vorsitzende. Es sei auch in der Praxis schwer abzugrenzen, wo Industrie genau beginne und ende.

Wirtschaftsminister Robert Habeck hatte einen anderen Weg zur Senkung der Strompreise präferiert, nämlich Direktverträge von Firmen mit den Erzeugern von Ökostrom. „Jetzt haben wir einen Rückgang der Preise, aber sie sind noch zu hoch“, sagte der Grünen-Politiker. Es könne aber keine dauerhafte Subvention geben.

APA/ag

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