Bauer macht Power – Netzausbau aber zu schleppend

3. Mai 2023, Graz
Photovoltaik soll verstärkt auf die Berge - Steinkirchen, APA/dpa

„Ohne die Landwirtschaft ist die Erreichung der Klimaziele völlig illusorisch“ – das sagte Christian Metschina, Energieexperte der Landwirtschaftskammer Steiermark am Mittwoch bei einem Pressegespräch in Graz. Anlässlich der „Woche der Landwirtschaft“ wollen steirische Landwirtinnen und Landwirte aufzeigen, welches Potenzial für erneuerbare Energien auf und in ihren Flächen schlummert. Das Motto lautet „Bauer macht Power“, doch Knackpunkt sei der Netzausbau.

2022 habe gezeigt, wie wichtig Lebensmittel- und Energieversorgung sind, deshalb widme sich die Landwirtschaftskammer Steiermark heuer dem Thema Versorgungssicherheit, so Präsident Franz Titschenbacher. Schon heute leiste die Landwirtschaft einen wesentlichen Beitrag zur Gewinnung erneuerbarer Energie – besonders Biomasse-Nahwärme-Anlagen. Derzeit werden rund 120.000 steirische Haushalte mit Wärme aus Nebenprodukten der Forstwirtschaft versorgt, allen voran mit Hackgut.

Das zuletzt vom Land Steiermark vorgestellte Sachprogramm Photovoltaik (PV) müsse „in die Höhe gehen“: Dächer statt Äcker, sei die Devise, und in den steirischen Berggebieten schlummere Flächenpotenzial von mehr als 96.000 Hektar für Photovoltaik-Anlagen, sagte Titschenbacher. Diese 96.000 Hektar haben eine Hangneigung von mehr als 18 Prozent und sind daher schwer zu bewirtschaften, wären aber für die Gewinnung von Sonnenstrom besonders gut geeignet, weil sie oft oberhalb der Nebeldecke liegen würden.

Klar sei, dass die 96.000 Hektar nicht alle für PV-Anlagen genutzt werden können, wohl nur wenige Prozent davon. In vielen Fällen wird es auch daran scheitern, dass die Leitungen zum Abführen des Stroms nicht vorhanden sein werden – Stichwort Netzausbau. Da müsse noch mehr vonseiten der Politik und der Energiewirtschaft getan werden. „Derzeit wird da der leichtere Weg gegangen, aber es müssen auch die schwierigen gegangen werde“, meinte der Kammerpräsident. Man dürfe nicht nur dort Anlagen errichten, wo man kurze Wege ins Netz habe. „Nicht die billigsten, sondern die intelligentesten Lösungen finde“, appellierte Energieexperte Metschina.

„Man wird die Energiewende auch sehen, Windräder und PV-Anlagen lassen sich nicht verstecken. Oftmals scheitern Projekte am Landschaftsbild, aber die Aussage ‚Das gefällt mir nicht‘ ist nicht das stärkste Argument in Zeiten von Krieg und Energiekrise“, so Metschina. Er wünsche sich außerdem von den Netzbetreibern, dass sie deutlicher aufzeigen, wo in den kommenden Jahren welche Netzkapazitäten ausgebaut werden, damit umliegende Landwirte, Gewerbe und auch Private besser planen können.

Da der Netzausbau für viele zu schleppend läuft, könnten Stromspeicher eine Alternative sein. Auch diese kommen bei landwirtschaftlichen Betrieben bereits zum Einsatz, einen wahren „Boost“ werden sie aber erst durch verstärkte Elektromobilität erhalten, ist Metschina überzeugt. Immer noch würde viel zu viel Gas aus Russland nach Österreich importiert, gerade jetzt, weil es günstiger sei, aber man müsse „weg von Putin, hin zum Bauern“.

Als Paradebeispiel wurde der Hof von Franz-Josef Wallner und seiner Lebensgefährtin Andrea Ertl vorgestellt: Der Jungbauer hat auf 150 Quadratmeter seiner insgesamt rund 1.500 Quadratmeter Dachflächen PV-Module installiert. Rund 60 Prozent seines Strombedarfs für den Milchviehstall produziert er damit bereits. Betrieben werden damit der Melkroboter, der elektrische Futterschieber, die automatische Kälbertränke und der Mistroboter. Ziel sei es komplett autark zu werden und vielleicht sogar noch Nachbarn mitversorgen zu können, schilderte er am Mittwoch. Doch nicht bei allen funktioniere das so gut, sagten die Experten. Ein Beispiel eines anderen Landwirts unterstreicht das: Er wollte eine große PV-Anlage auf seinem Hof installieren, doch der Netzbetreiber habe gefordert, dass für die Einspeisung der Energie den nächstgelegenen Trafo für 164.000 Euro verstärkt werden müsse. Das sollte der Landwirt selbst bezahlen, was wirtschaftlich nicht darstellbar war. Noch heute seien die Dachflächen des Landwirts ohne PV-Anlage.

APA

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