Wien braucht bezüglich Energieerzeugung Alternativen zum Kraftwerk Simmering, das mit Gas betrieben wird. In Zukunft will die Stadt daher mehr auf Solarstrom setzen.
Beatrix Rauscher leitet in der Magistratsdirektion Wien den Geschäftsbereich Bauten und Technik.
Die Stadt Wien will bis 2040 klimaneutral werden. Für den Kraftakt des Umstiegs auf erneuerbare Energien wird die Kombination verschiedener Technologien nötig sein. Ein großer Bestandteil im Energiemix wird aus der Photovoltaik kommen. Bis 2030 sollen PV-Anlagen in Wien 800 MWp produzieren. Das bedeutet, dass rund 350.000 von den insgesamt 926.000 Wiener Haushalten mit Sonnenstrom versorgt werden. Dazu braucht es jährlich PV-Anlagen mit einer Fläche von rund 100 Fußballfeldern. Doch was hat die Stadt vor und warum setzt man dazu auf Sonnenstrom?
Sonnenstrom kann überall produziert werden wo die Sonne scheint. Dafür sind PV-Module notwendig, ein Wechselrichter und die Stromleitung zu den Stromkonsumenten. Was dabei besonders praktisch ist, Sonnenstrom lässt sich auch auf Gebäude-Dächern, also unmittelbar beim Konsumenten, ernten, sodass keine weiteren Stromleitungen notwendig sind. Keine Flächenversiegelung ist notwendig, es gibt keine gesundheitsschädlichen Emissionen und auch der Lärmpegel eines Wechselrichters ist normalerweise vernachlässigbar. Dafür können die Module genutzt werden, um ein Flugdach zu errichten oder in Bauteile integriert zu werden. In einer modernen Stadt sind PV-Module Teil des Stadtbilds. Das ist es, was Sonnenstrom gegenüber anderen Kraftwerken städtetauglich macht.
Auch alte Häuser werden
jetzt für PV fit gemacht Beatrix Rauscher vom Geschäftsbereich Bauten und Technik weiß: „Hürden gibt es aber dennoch. Denn auch wenn Sonnenstrom-Anlagen normalerweise deutlich kleiner sind als konventionelle Kraftwerke, handelt es sich auch hier um Kraftwerke. Es muss sichergestellt sein, dass der produzierte Strom ordnungsgemäß transportiert wird und falls notwendig, die Anlage außer Betrieb genommen werden kann.“ Außerdem muss der Ort, an dem sich die Sonnenstrom-Anlage befindet, sicher sein. Ein Dach muss beispielsweise ausreichende Statik aufweisen. Es muss auch sichergestellt sein, dass der Blitzschutz am Dach in einem ausreichend guten Zustand ist, sodass er auch von den PV-Modulen genutzt werden kann. Um die Sonnenstrom-Anlage warten zu können, muss ein Zugang zum Dach gewährleistet sein und es müssen Absturzsicherungen vorhanden sein. Auf einem neuen Gebäude ist das alles kein Problem. Die meisten Gebäude wurden allerdings zu einer Zeit errichtet, als Sonnenstrom noch kein Thema war.
Nun sollen auch diese mit Sonnenstrom-Anlagen ausgestattet werden, denn sie haben das größte Potenzial. Das führt oft dazu, dass für kleine Sonnenstrom-Anlagen große Sanierungen durchzuführen wären. Die Kosten für eine Sanierung sind üblicherweise ein Vielfaches der Kosten für eine Sonnenstrom-Anlage. Normalerweise wird so ein Projekt deshalb auf unbestimmte Zeit verschoben und die Stromproduktion hat weiterhin klimaschädliche Auswirkungen. Daher soll dieser Zugang nun im Rahmen der Baurechtsnovelle vereinfacht werden.
Auch ein sogenannter Solarpotenzialkataster wurde angefertigt. Beatrix Rauscher: „Dieser zeigt, welches theoretische Potenzial auf den Dächern Wiens vorhanden ist. Seit 2022 kann er die für eine Photovoltaik-Anlage nutzbaren Bereiche eines Daches noch genauer anzeigen. Die Berücksichtigung der Dachform als auch die Verwendung von Erfahrungswerten ermöglicht eine möglichst realitätsnahe Einschätzung der zu erwartenden Anlagenleistung.“ Hier können sich auch Privatpersonen über mögliche Photovolatik-Anlagen am Hausdach informieren.
Jetzt startet die neue Ausbildung zur Fachkraft für PhotovoltaikDamit für den rasanten Ausbau auch Personal und Know-how vorhanden ist, setzt Wien auf eine eigene Ausbildungsoffensive. In der überbetrieblichen Lehre gibt es auch die Möglichkeit der Spezialisierung auf Lüftungstechnik sowie den Lehrberuf Sonnenschutztechnik. Über die Umweltstiftung, eine eingerichtete Arbeitsstiftung für arbeitslose Personen, werden die Ausbildungsschwerpunkte Energieaufbringung und -verteilung, Gebäudetechnik, Abfall- und Ressourcenwirtschaft, Green Mobility und Beratung und Bildung im Umwelt- und Energiebereich gefördert. In die Stiftung werden arbeitslose Personen aufgenommen, die einen außerordentlichen Lehrabschluss erreichen wollen, sich nach einem adäquaten Lehrabschluss weiter qualifizieren wollen oder eine passende Fachhelferausbildung absolvieren wollen. Bis Anfang 2025 ist geplant, dass 300 Personen in Wien in die Umweltstiftung eintreten werden, aktuell sind bereits über 50 Personen in einem der Ausbildungsschwerpunkte.
Kronen Zeitung