Studie. Europas Öl- und Gaskonzerne sprechen gerne von der grünen Wende, stecken ihr Geld aber weiter fast zur Gänze in den Erhalt des fossilen Geschäfts. Selbst Shell investiert klimafreundlicher als die OMV.
Exxon wusste 1977 genau, dass sein Geschäft, das Verbrennen von Öl und Gas, die Welt in eine Klimakrise stürzten wird. Doch der Konzern (und seine Mitbewerber) schwiegen eisern, bis es nicht mehr zu verheimlichen war. Heute positionieren sich die meisten Öl- und Gaskonzerne in ihren Werbungen und Nachhaltigkeitsberichten lieber als Vorkämpfer der Dekarbonisierung und wollen klimaneutral werden. Doch in der Realität ist davon nichts zu bemerken, zeigt eine Studie von EnergyComment.
Die Forscher haben im Auftrag von Greenpeace die grünen Versprechen von zwölf europäischen Ölkonzernen unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Nach einem Jahr, in dem das fossile Geschäft die Profite der Unternehmen um 75 Prozent in die Höhe getrieben hat, zeigten diese kein Interesse, an ihrem Geschäftsmodell etwas zu verändern.
Emissionen der OMV steigen
BP und Shell haben ihre Öl- und Gasproduktion sogar erhöht, der Rest verschob den Ausstieg aus Öl und Gas zumindest bis ins nächste Jahrzehnt. Ihr Geld stecken die Branchengrößen dorthin, wo ihnen die größten Renditen winken: 92,7 Prozent aller Investitionen flossen 2022 im Schnitt in die alte, fossile Welt. Die heimische OMV ist dabei keine Ausnahme. Im Gegenteil. Dabei gibt OMV-Chef Alfred Stern im Nachhaltigkeitsbericht offen zu, dass etwas schiefläuft: „Wenn wir das rational ansehen, kann es sich die OMV nicht leisten, das selbe Geschäftsmodell weiter zu verfolgen.“ Dafür setzt sich der Konzern wohlklingende Ziele: Bis 2030 sollen die Emissionen um 30 Prozent sinken, bis 2040 um 60 Prozent, um 2050 klimaneutral zu sein. Tatsächlich hat die OMV im Vorjahr 11,7 Millionen Tonnen Kohlendioxid emittiert, mehr als in den Jahren zuvor. Zählt man auch die Emissionen, die der verkaufte Sprit verursacht, kommen 99,4 Millionen Tonnen hinzu.
„Wir müssen uns radikal verändern“, verspricht Stern deshalb. Man wolle die Öl- und Gas-Produktion „für die energetische Nutzung spätestens 2050 zu beenden“. Für Studienautor Steffen Bukold ist das ein Paradebeispiel für die Verwirrungstaktiken der Ölkonzerne. Das Versprechen, die Ölproduktion „für die energetische Nutzung“ auslaufen zu lassen, verschleiert, dass der Konzern auch künftig Öl und Gas für petrochemische Anwendungen aus der Erde holen wird. Von den 7,5 Milliarden Euro, das Unternehmen bis 2027 für seine grüne Wende ausgeben will, geht ein beträchtlicher Teil in die Expansion des Petrochemie-Geschäfts und den Kauf von CO2-Zertifikaten. Nur ein Prozent der Investitionen ging 2022 in grüne Projekte. Selbst bei Shell lag die Rate bei neun Prozent.
Die Presse