„Wären Sie bereit, jeden Monat ein Prozent Ihres Haushaltseinkommens zur Bekämpfung der globalen Erwärmung abzutreten?“, fragten deutsche Forscher im Rahmen einer Online-Umfrage weltweit rund 130.000 Menschen aus 125 Ländern. Im Schnitt 69 Prozent der Befragten bejahten dies, in Österreich waren es sogar knapp 73 Prozent. Laut den Studienautoren unterschätzen viele Menschen die insgesamt vorhandene Bereitschaft, Beiträge im Kampf gegen die Erderhitzung zu leisten.
Die Erkenntnis, dass rund zwei Drittel der weltweit Befragten persönliche Kosten – wenn auch von einem Prozent des Einkommens – tragen würden, um den Klimaschutz voranzubringen, bezeichnet das Team um die Hauptautoren der im Fachmagazin „Nature Climate Change“ erschienenen Studie, Peter Andre von der Goethe-Universität Frankfurt und Armin Falk von der Universität Bonn, als „ermutigend“. Gleichzeitig orten die Wissenschafter eine Art „Wahrnehmungslücke“, wie sie in ihrer Arbeit schreiben: Fragten sie nämlich danach, wie Menschen die Bereitschaft ihrer Mitmenschen einschätzen, ebenso viel Geld im Dienste des Klimaschutzes abzutreten, dann kamen deutlich andere Zahlen heraus.
Im globalen Schnitt glauben nur 43 Prozent der Studienteilnehmer, dass andere sich derart engagieren würden. In Österreich glaubten gar nur knapp 38 Prozent, dass andere bereit wären, ein Prozent ihres Einkommens zur Verfügung zu stellen, wie sich auf der Website des „Global climate change survey“ ablesen lässt. In Deutschland und Italien liegt dieser Wert bei rund 39 Prozent, deutlich niedriger ist er in Tschechien und der Slowakei mit 32 bzw. 33 Prozent. Etwas mehr Vertrauen in ihre Mitmenschen als in Österreich beim Klimaschutz hegen Slowenen und Schweizer. Am niedrigsten ist der Wert in Israel mit unter 20 Prozent, am höchsten in der Mongolei mit rund 64 Prozent.
Dort würden auch 90 Prozent der Befragten selbst einen einprozentigen Gehaltsanteil stiften. Höhere Zustimmung zu der Frage gab es nur in Usbekistan und Myanmar. Am Ende der Skala rangiert Ägypten mit rund 30 Prozent. Trotz dieses Ausreißers liege die Bereitschaft in Ländern mit im Schnitt höheren Temperaturen und niedrigeren Einkommen insgesamt höher. Das erscheint laut den Studienautoren darin begründet, dass in vielen dieser Staaten die Klimawandel-Folgen spürbarer sind bzw. man sich dort vielleicht als verwundbarer durch die Verwerfungen der Klimakrise ansieht.
Die Frage, ob die Menschen in ihrem Land versuchen sollten, gegen die Klimaerwärmung anzukämpfen, beantworteten im weltweiten Durchschnitt 86 Prozent mit „Ja“. Österreich liegt hier mit 87 Prozent-Zustimmung fast genau im Schnitt. Ebenso sehr hoch ist die Zustimmung zu der Aussage, dass die jeweilige Regierung mehr in Sachen Klimaschutz unternehmen sollte: Hier liegt Österreich mit knapp 85 Prozent Pro-Stimmen knapp unter dem Gesamtschnitt von 89 Prozent.
Für die Studienautoren weisen die Ergebnisse ihrer Umfrage darauf hin, dass der Stellenwert, den der Klimaschutz in der breiteren Bevölkerung hat, vielfach unterschätzt wird. Gleichzeitig befinde sich die Welt in einer Art wechselseitigen Ignoranz, die darauf fußt, dass Menschen die Einstellungen ihrer Mitmenschen falsch wahrnehmen und einschätzen, heißt es in der Publikation. Die Basis für das Auseinanderklaffen könnte auch darin liegen, dass Klimawandel-Skeptiker und -Leugner in der öffentlichen Debatte teils übermäßig viel Platz eingeräumt und einschlägig von „Interessensgruppen“ kampagnisiert werde. Die neuen Erkenntnisse könnten jedenfalls dazu genutzt werden, eine gemeinsame politische und kommunikative Anstrengung zu unternehmen, um mit diesen „Fehlwahrnehmungen“ aufzuräumen: „Wir müssen effektiv kommunizieren, dass die große Mehrheit der Menschen auf der ganzen Welt bereit ist, etwas gegen den Klimawandel zu tun und auch erwartet, dass ihre Regierungen handeln.“
Für Ilona Otto vom Wegener Center für Klima und Globalen Wandel der Universität Graz ist es „überraschend, dass die überwiegende Mehrheit der Menschen in verschiedenen Ländern bereit ist, einen Teil ihres Einkommens zur Lösung des Problems beizutragen, und dass sie die Bereitschaft anderer, einen Beitrag zu leisten, unterschätzt“, wie sie gegenüber dem deutschen Science Media Center (SMC) angab. Die Umfrage, an der die Forscherin nicht beteiligt war, nähre die Hoffnung, „dass die Staats- und Regierungschefs und Entscheidungsträger der Welt auf die Mehrheit der Bevölkerung hören und mehr Mut haben könnten, strenge politische Maßnahmen und Vorschriften zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und zur Förderung erneuerbarer Energien umzusetzen“.
Eine breite Zustimmung zum Klimaschutz könnte zu einem „sozialen Kippelement“ werden, „das einen Kaskadeneffekt über alle Wirtschaftssektoren und Weltregionen hinweg haben wird“, so Otto, die aber gleichzeitig warnt: „Die Herausforderung ist sehr komplex und erfordert mehr als eine einfache Geldspende.
„Service: Die Studie online: https://dx.doi.org/10.1038/s41558-024-01925-3 , Projekt-Website: https://gccs.iza.org/ )
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