An der Grenze zwischen Thalgau und Neumarkt könnten acht bis 14 Windräder entstehen. Thalgau macht Tempo, aus Neumarkt kommt ein vorsichtiges Ja.
Die seit Jahren gewälzten Pläne für Windräder auf dem Lehmberg werden jetzt auch außerhalb der Hauptstandortgemeinde Thalgau wieder zum Thema. Die Neumarkter Grünen hatten in ihrer Wahlwerbung die Diskussion angestoßen: „Unsere Gemeinde soll nicht länger passiv sein, sondern endlich eine Beteiligungsmöglichkeit für alle einfordern, damit die günstigen Windstrompreise auch unseren Haushalten und Betrieben zugutekommen“, verlangte der grüne Bürgermeisterkandidat Christoph Harringer.
In der Diskussion zum Auftakt der SN-Wahltour am Donnerstagabend bekannten sich auch ÖVP-Bgm. Adi Rieger und SPÖ-Vize David Egger-Kranzinger zum Projekt. Nur FPÖ-Kandidat David Pölzleitner ist dagegen. Er sei nicht grundsätzlich gegen Windenergie, aber ein Berg solle nicht für Windräder auf dem Gipfel gerodet und mit Lkw-Straßen durchzogen werden. Das klare Bekenntnis der Mehrheit der Parteien könnte freilich aus Sicht der Windkraft-Befürworter einen großen Haken haben: Der Bürgermeister schlägt eine Bürgerbefragung mit verbindlichem Ergebnis über das Lehmberg-Projekt in seiner Gemeinde vor, falls auch Neumarkt von Windradstandorten betroffen wäre, so Rieger. „Die Anlagen wären weithin sichtbar. Da geht es um etwas.“ Das wäre ein klassischer Fall für direkte Demokratie, weil es dazu so viele konträre Meinungen gebe. Für Diskussionen über mögliche Beteiligungen der Gemeinde und von Bürgerinnen und Bürgern erklärte sich der Ortschef offen.
Es laufen am Sattel des Lehmbergs östlich der Großen Plaike Windmessungen auf einem 80 Meter hohen Gittermast. Wenn die Ergebnisse vorliegen, wollen die Projektbetreiber Salzburg AG und Wien Energie entscheiden, ob sich der Standort eignet und ob Planungen sowie Genehmigungsverfahren auf Gemeinde- und Landesebene beginnen können. Die Grundstücke gehören Max Mayr Melnhof. Es gebe Optionsverträge dafür, hieß es im Vorjahr. Acht bis 14 Windräder könnten entstehen.
Der Thalgauer Ortschef Johann Grubinger (ÖVP) setzt sich für eine rasche Umsetzung ein. Für Bürgerbeteiligung sei er schon, aber es sei keine Zeit mehr für Zurückhaltung. „Wir sollten Nägel mit Köpfen machen.“ Grubinger betont die schon seit zehn Jahren aufrechte geschlossene Unterstützung der Gemeindevertretung für das Projekt.
In der Startphase befindet sich ein weiteres Projekt für erneuerbare Energie: Am Irrsberg bei Neumarkt könnte eine agrarische Photovoltaikanlage entstehen, ähnlich wie sie gerade in Eugendorf-Schwaighofen gebaut wird. Sie soll, weil gut geschützt, nicht einsehbar sein und könnte Strom für rund 850 Haushalte liefern. Ein Landwirt würde den Grund an die Salzburg AG verpachten.
Zu den heißesten Themen in der SN-Wahldiskussion zählten Verkehrsprobleme und die angespannte Finanzsituation der Gemeinde. Etwa 250 interessierte Zuhörerinnen und Zuhörer, einige auch aus Nachbargemeinden, waren in den Festsaal des Schulzentrums gekommen. Aus Wortmeldungen aus dem Publikum war eine grundsätzliche Zufriedenheit mit der Lebensqualität in Neumarkt am Wallersee herauszuhören. Es kamen aber auch etliche Verbesserungsvorschläge, zum Beispiel für Radwege, Barrierefreiheit und eine attraktivere Gestaltung des Strandbads.
Unterschiedliche Ansichten haben die Fraktionen zur finanziellen Lage. Während für die Grünen Neumarkt vor der Pleite steht, beruhigt der Bürgermeister: „Neumarkt ist keine reiche, aber auch keine arme Gemeinde. Wir haben in den vergangenen Jahren viel investiert. 70 Prozent der Gemeinden müssen wegen allgemein fehlender Einnahmen und Mehrausgaben auf Rücklagen zurückgreifen. Wir auch – auf 158.000 Euro. Das Budget ist für alle Gemeinden eine große Herausforderung.“
Der SPÖ-Kandidat, dessen Partei dem Jahresvoranschlag 2024 in der Gemeindevertretung als einzige nicht zugestimmt hat, kritisierte den „Verkauf von Familiensilber“ in Form von Grundstücken. Neumarkt werde zum Jahresende mehr als 15 Millionen Euro Schulden haben – nach 25 Jahren ÖVP-Bürgermeister. Man hätte besser wirtschaften können und „mehr auf den Sparstift drücken müssen“. Vom grünen Bewerber kam ebenfalls der Vorwurf zum „Familiensilber“, dessen Verkauf seit Jahren laufe. Harringer: „Die Situation ist nicht plötzlich über uns hereingebrochen.“ Und sie sei zum Teil hausgemacht. Die Kommunalsteuer würde seit Jahren sinken, weil Neumarkt keine gute Betriebsstruktur („Kraut und Rüben“) habe. Der FPÖ-Gemeindevertreter sagte: „Wir müssen generell sparen und das gemeinsam lösen, Projekte verschieben.“
Welches Vorhaben würden die Kandidaten als dennoch sofort angehen? Rieger nannte das neue Sport- und Freizeitzentrum, Egger-Kranzinger will den Ortskern verschönern und ihm zu mehr Charme verhelfen, Harringer eine HTL am Schulstandort etablieren, Pölzleitner das Strandbad auf Vordermann bringen.
In etlichen Fragen ist sich das Quartett einig. Alle vier sind für mehr Parkplätze im Ort und eine Begegnungszone, unbedingt für den Ankauf des alten Bezirksgerichts, für eine Leerstandsabgabe auf nicht vermietete Geschäftslokale sowie die Sanierung des Strandbads. Ein Hotelprojekt in der Wallersee-Ostbucht lehnen sie ab. Mehr Kinderbetreuungsplätze halten ÖVP und FPÖ (derzeit) nicht für nötig, die zwei anderen Parteien sehr wohl. Gegen eine höhere Gemeindeförderung für Eltern, die ihre Kleinkinder daheim betreuen, ist nur die SPÖ.
von Thomas Auinger
Salzburger Nachrichten