Alternativen zur Gasförderung?

19. Feber 2024, Linz

76 Wissenschaftler gegen das Großgasförderprojekt „Neptun Deep“ der OMV in Rumänien

Die Erschließung neuer Gas- oder Ölvorkommen erregt mehr denn je die Gemüter von Umweltschützern und Klimaaktivisten. Neue Öl- und Gasfelder seien nicht mit den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens vereinbar, zu denen sich Österreich verpflichtet hat. Österreich will bis 2040 klimaneutral sein.

Deshalb haben jetzt 76 Wissenschafter, darunter etliche aus Oberösterreich, einen offenen Brief der Umweltschutzorganisation Greenpeace gegen das Erschließen eines riesigen Gasfeldes in Rumänien durch die teilstaatliche OMV unterzeichnet.

Die rumänische OMV-Tochter Petrom und die staatliche Romgaz wollen insgesamt vier Milliarden Euro in die Erschließung des Tiefsee-Erdgasfelds „Neptun Deep“ investieren. Das Projekt zielt auf die bedeutendsten Erdgasvorkommen in der Europäischen Union. Das erste Gas wird 2027 erwartet, die Förderung soll bis 2047 gehen.
Die Unterzeichner des offenen Briefes wie die Professoren Sigrid Stagl (WU Wien), Reinhard Steurer (Boku), Franz Essl (Uni Wien), die Klimaforscher Helga Kromp-Kolb und Daniel Huppmann (CCCA) fordern statt der Neuerschließung von fossilen Energiequellen in einem biologisch hochsensiblen Gebiet wie dem Schwarzen Meer den viel rascheren Ausbau erneuerbarer Energie. Die Wissenschaftler kritisieren, dass über die Projektlaufzeit laut den Berechnungen in der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) so viel Treibhausgas verursacht wird wie von ganz Österreich in dreieinhalb Jahren.

Stattdessen schlägt Greenpeace in einem 49-seitigen Ausstiegsplan aus fossilem Gas vor, durch Effizienzsteigerungen und Maßnahmen wie bessere Gebäudedämmung den Energieverbrauch bis 2035 um die Hälfte zu reduzieren und gleichzeitig den Ausbau in erneuerbare Energie zu steigern. Eckpunkte sind: Sanierungsquote erhöhen, Fernwärme decarbonisieren, statt Gas für Raumwärme besser Industrie-Abwärme, Biomasse, Wärmepumpen sowie Solar- und Geothermie verwenden. Solange Gas noch benötigt wird, Einkauf in demokratisch regierten Ländern. Das österreichische Gas kam im Dezember 2023 übrigens zu 98 Prozent aus Russland.

„Die teilstaatliche OMV ist da auch in der Pflicht. Ihre Investitionen in erneuerbare Energie betrugen 2022 ein Prozent der Gesamtinvestitionen. Also waren 99 Prozent noch im fossilen Sektor“, sagt Greenpeace-Energiesprecher Marc Dengler zu den OÖN.

OMV: Ausstieg bis 2050

Die OMV entgegnet in einem Statement, dass „Erdgas der Schlüssel für eine erfolgreiche Energiewende ist“ und bis 2030 rund fünf Milliarden Euro an Investitionen in Projekte wie kohlenstoffarme Geothermie, Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS) und weitere Lösungen für erneuerbare Energien vorgesehen seien. Der Energiekonzern hat übrigens 2023 das zweitbeste Ergebnis der Unternehmensgeschichte eingefahren: sechs Milliarden Euro Gewinn bei 39,5 Milliarden Euro Umsatzerlös.

Die „OMV Strategie 2030“ sieht eine schrittweise Reduktion der Rohölproduktion und Erdgasförderung vor. Diese „Investitionen werden bis 2026 fortgesetzt“, danach werden sie „deutlich zurückgehen“. Die Produktion von Öl und Gas zur energetischen Nutzung werde bis 2050 eingestellt.

Diese energetische Nutzung, also Verbrennung, kritisiert auch Rene Mayrhofer massiv. Er ist an der JKU Institutsvorstand für Netzwerke und Sicherheit und hat den Brief unterzeichnet. Viel zu häufig werde noch Gas genützt, wo schon längst andere Technologien verfügbar wären, „weil es das Billigste ist“. Ein völliger Gas-Stopp wäre für die Gesellschaft natürlich nicht tragbar, „aber ohne Verzicht wird es nicht gehen. Wenn das politisch behauptet wird, ist das eine Lüge.“ Er sieht im Ausstieg aus Erdgas und Erdöl für Österreich eine große wirtschaftliche Chance wegen seiner ausgereiften Technologien im Energiesektor.

„Wir werden Gas für eine gewisse Zeit noch brauchen. Aber ohne Verzicht wird es nicht gehen. Für Österreich als Hochtechnologieland ist das aber eine gewaltige Chance.“

Rene Mayrhofer, IT-Professor JKU, Unterzeichner des offenen Briefs

Großgasförderprojekt