Das Unternehmen hätte laut Rechnungshof 2022 anders mit den Risiken auf den Märkten umgehen können
Viel Staub aufgewirbelt hat der Rohbericht des Rechnungshofs zur Causa Wien Energie. Wie der KURIER berichtete, hatten die Prüfer festgestellt, dass das Management des städtischen Konzerns 2022 völlig mangelhaft auf die Verwerfungen auf den Energiemärkten reagiert hat, die letztlich zu einem Liquiditätsengpass in Milliardenhöhe führen sollten.
Eskaliert ist die Situation am 26. August 2022. Der Markt spielte derart verrückt, dass die Stadt beim Bund eine Unterstützung über zwei Milliarden Euro beantragen musste, damit die Wien Energie ihre Geschäfte auf den Energiebörsen besichern konnte.
Bis zuletzt hatte sich die Wien Energie damit verteidigt, dass die damaligen Ereignisse so einzigartig waren, dass sie nicht vorhersehbar waren. Wörtlich spricht sie von einem „Tsunami“.
Statements des Unternehmens, die Eingang in den Rechnungshofbericht gefunden haben, lassen sich mit dieser Darstellung allerdings schwer in Einklang bringen: Im Zusammenhang mit dem Risikomanagement ist im Bericht von den Frühwarnindikatoren die Rede, die ab 2023 festgelegt wurden und bei Überschreiten bestimmter Schwellenwerte die Börsengeschäfte begrenzen sollten. Und weiter: „Nach Auskunft der Wien Energie hätte dieses Frühwarnsystem in einer rückblickenden Betrachtung bereits Anfang Juli 2022 zu einer Evaluierung des Umfangs der Börsengeschäfte geführt.“
Geldflüsse
Dass die Krise sich langsam aufbaute, zeigen die Geldflüsse, die seit dem Frühjahr 2022 vom Mutterkonzern Wiener Stadtwerke an die Wien Energie gingen, um den Liquiditätsbedarf aufgrund der stetig steigenden Besicherungen zu decken.
Bis Ende August wurden insgesamt 1,09 Milliarden Euro aus dem Cash Pool der Stadtwerke entnommen. Sukzessive wurden dabei die Entnahmegrenzen hinaufgesetzt, ohne dass darüber der Aufsichtsrat informiert wurde, ist dem Bericht zu entnehmen.
„Die Geschäftsführung hält und hielt den Aufsichtsrat über die wesentlichen Entwicklungen kontinuierlich auf dem Laufenden“, kontert ein Sprecher der Wien Energie.
Und weiter: „Wir halten nochmals fest, dass der ,Black Friday‘ in dieser Größenordnung nicht vorhersehbar war. Der Rechnungshofbericht ist eine Nachbetrachtung der Ereignisse. Zum damaligen Zeitpunkt hat Wien Energie nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt und im Sinne der Versorgungssicherheit und Preisstabilität auf den ausfallsicheren Börsehandel gesetzt.“
Man habe inzwischen aber zahlreiche Maßnahmen wie etwa auch die Frühwarnindikatoren umgesetzt, um noch besser vorbereitet zu sein, sollte es wieder zu Verwerfungen kommen.
Auf Polit-Ebene ein heißes Eisen bleibt die Notkompetenz des Bürgermeisters. Sie hatte Michael Ludwig im Sommer 2022 zwei Mal angewandt, um jeweils 700 Millionen Euro für die ins Trudeln geratene Wien Energie freizumachen. Über den ersten Beschluss erfuhr die Öffentlichkeit erst Wochen später, was für massive Kritik sorgte.
Als im Herbst die U-Kommission zur Causa Wien Energie endete, kündigte die rot-pinke Stadtregierung eine Präzisierung der Notkompetenz an. Seitdem ist es dazu ruhig geworden. Die internen Gespräche würden noch laufen, heißt es im Rathaus.
Kurier